Viertes Rapitel
Commereyn — Bar le Dur — Clermont en UArgonne
Diensta g, den 23. August, sollte die Reise nach Westen fort-
gesetzt werden. Sheridan und seine Leute sollten uns begleiten
oder ohne Verzug folgen. Der Regierungspräsident von Kühlwetter
blieb bis auf weiteres hier, und zwar als Präfekt. In gleicher
Stellung gingen der Graf Renard, eine Hünengestalt mit dem ent-
sprechenden Barte, nach Nancy und Graf Henckel nach Saargemünd.
Man sah den Reichsboten Bamberger wieder, den auch der Chef
selbst tags vorher mit dem Ausdrucke „der rote Jude“ bezeichnet hatte.
Auch Herr Stieber tauchte in der Nähe des Hauses an der Ecke
der Rue Raugraf einmal auf. Endlich begegnete ich, als ich mir
die innere Stadt vor unsrer Abfahrt noch einmal besah, um mir
ihr Bild als Andenken einzuprägen, zum erstenmale, seit ich ihn
fünf oder sechs Tage vor der Kriegserklärung im Auswärtigen Amte
mit dem Kriegsminister die Treppe zur Wohnung des Chefs hatte
hinaufsteigen sehen, dem feinen, faltigen, glattrasierten Gesichte
Moltkes wieder. Es kam mir vor, als ob es heute ein recht zu-
friednes und vergnügtes Gesicht wäre.
Interessant war, als ich ins Büreau zurückkam, ein Bericht
über die Art, in der sich Thiers vor kurzem über die nächste Zu-
kunft Frankreichs geäußert hatte. Er hatte mit Bestimmtheit voraus-
gesetzt, daß wir uns im Falle des Sieges das Elsaß nehmen würden.
Napoleon würde nach dem Verlust von Schlachten auch den Ver-
lust seines Thrones erleben, und ihm würde für einige Monate
die Republik und dann wahrscheinlich ein Orleans folgen, vielleicht
aber auch Leopold von Belgien, der, wie der Gewährsmann des
Berichterstatters, ein Vertrauter Rothschilds, aus sicherer Erfahrung
wissen wolle, sehr ehrgeizig sei.
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