Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

104 Viertes Kapitel 24. August 
und wie spärlich da für die Gäste gesorgt sei — was vermutlich 
für Lehndorff bestimmt war und durch diesen weiter befördert werden 
sollte. „Neulich hatten wir erst Koteletten, und da konnte man 
sich nicht zwei nehmen; denn es war auf einen Gast nur ein Ko— 
telett gerechnet. Dann aber gabs Kaninchen, und da, als ich mir 
überlegte, ob ich zwei Stück essen sollte — ich hätte vier vertragen 
können —, siegte der Hunger über die Höflichkeit, und ich nahm 
zwei. Aber ich bin sicher, daß nun einer nichts gekriegt hat.“ 
Der Kanzler kam dann auf seine Söhne zu reden, wobei er 
sagte: „Ich hoffe jetzt, daß ich von meinen Jungen wenigstens den 
einen behalte — ich meine Herbert, der jetzt auf dem Heimwege 
sein wird. Er hat sich übrigens im Felde ganz gut gewöhnt. 
Früher hatte er einen recht hochmütigen Tik. Jetzt aber, als er 
verwundet bei uns in Pont a Mousson lag, und gemeine Dra- 
goner ihn besuchten, verkehrte er mit ihnen freundlicher wie mit 
Offizieren.“ 
Beim Thee wurde erzählt, daß der König, dem der Chef bei- 
läufig heute Vortrag gehalten und u. a. über Verleihung des Eisernen 
Kreuzes an Bayern gesprochen zu haben scheint, 1814 hier in der- 
selben Straße gewohnt habe wie heute, und zwar in dem Hause 
neben dem, wo gegenwärtig sein Quartier sei. Der Minister sagte: 
„Mein weiterer Feldzugsplan für Seine Majestät ist der, daß er 
die Stabswache vorausschickt. Das Terrain muß rechts und links 
von der Straße von einer Kompagnie abgesucht werden, und das 
Hauptquartier muß beisammen bleiben. Von Strecke zu Strecke müssen 
Posten stehen. Diesen Plan hat der König genehmigt, nachdem 
ich ihm gesagt habe, daß man es 1814 ebenso gemacht hätte. Die 
Monarchen fuhren damals nicht, sondern ritten, und da war eine 
Reihe russischer Soldaten, zwanzig Schritt auseinander, am Wege 
aufgestellt.“ Jemand meinte, es sei allerdings möglich, daß Bauern 
oder Franctireurs auf den König im Wagen schössen. „Nun ja 
— versetzte der Chef —, und das Wichtigste dabei ist, daß es sich 
um eine Persönlichkeit handelt, die, wenn sie krank oder angeschossen 
oder sonstwie verdrießlich wird, nur zu sagen braucht: Umkehren! 
und es wird umgekehrt!“ 
Am nächsten Morgen führte mich Gillot nach dem Schlosse, 
in dem im vorigen Jahrhundert der Schwiegervater Ludwigs des
	        
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