Vorwort XIII
freunden. Ich wollte einfach die äußern und die innern Charakterzüge
festhalten, mit denen sich mir unser erster Reichskanzler unter diesen
oder jenen Umständen gezeigt hatte, und so das Bild seines Wesens,
das aus seinem öffentlichen Wirken zu gewinnen war, vervollstän-
digen und hier und da berichtigen helfen. Meine tiefe Verehrung
vor dem Genie des Heros und meine patriotische Dankbarkeit für
dessen Thaten haben mich deshalb nicht abhalten können, manches
mitzuteilen, was manchen nicht gefallen wird. Es gehört eben zu dem
Wesen des von mir ins Auge gefaßten historischen Charakters.
Nur Götter sind dem Irrtume, der Leidenschaft und dem Wechsel
der Stimmung völlig entrückt; nur sie sind ohne Schattenseiten und
Widersprüche. Dagegen haben auch Sonne und Mond ihre Flecken,
und doch bleiben sie hochherrliche himmlische Lichter. Es mag teil-
weise ein rauhes und herbes Bild sein, das sich aus meinem Material
zusammensetzt, aber es hat kaum einen unedeln Zug, und seine Herb-
heit macht es nur wirklicher, individueller und plastischer. Es schwebt
nicht im Ather, sondern steht auf festem, realem Erdboden und atmet
in Fleisch und Blut, und dennoch mutet es uns wie Übermensch-
liches an. Ubrigens waren viele bittere Urteile, namentlich die, die
vor dem März 1890 fielen, das Ergebnis vorübergehender Ver-
stimmung; andre waren vollkommen berechtigt, wie auch das starke
Selbstgefühl, das einzelne Außerungen kundgeben, und das zornige
Bedürfnis nach größerer Macht und mehr Raum zum Flügelschlag,
das jedem energischen Genie aus dem Bewußtsein entspringt, unter
mehr oder minder mittelmäßigen und beschränkten Geistern allein
das rechte Ziel und die geeigneten Mittel und Wege zu seiner Er-
reichung zu wissen, und doch das Wissen nicht ohne Verzug in
That umsetzen zu dürfen.
Wenn man nach meiner Befugnis fragt, meine Erfahrungen
— Verkehr mit dem Kanzler nunmehr mit wenig Lücken andern mit-
tieilen, so verweise ich auf die Gespräche vom 27. Februar 1879,
ron 15. März 1890 und vom 21. März 1891. Daß er, der mir