132 Fünftes Kapitel 30. August
eben durch ein kleines Gebüsch fahren, hören wir ein Geknatter,
etwa wie eine langgezogne, nicht präzise abgegebne Pelotonsalve.
„Kugelspritze!“ sagt Engel, sich auf dem Bock umdrehend. Nicht
fern von da, an einer Stelle, wo bayrische Jäger im Chaussee-
graben und an einem Kleefelde rasten, steigt der Minister zu Pferde,
um mit dem Könige, der vor uns ist, weiter zu reiten. Wir bleiben
eine Weile stehen, da immer mehr Artillerie vorbeijagt. Die Jäger
scheinen viele Marode zu haben. Einer bittet uns kläglich um
Wasser. „Ich habe seit fünf Tagen die Ruhr,“" jammerte er. „Ach,
lieber Kamerad, ich muß sterben, mich nimmt kein Doktor mehr anl
Die Hitze drinnen, das reine Geblüt geht von mir.“ Wir trösten
ihn und geben ihm Wasser mit etwas Kognak. Batterie auf Batterie
saust an uns vorüber, bis endlich die Straße für uns wieder frei
wird. Gerade vor uns steigen abermals weiße Granatenwölkchen
am Horizont auf, der hier sehr nahe ist, sodaß wir annehmen
müssen, daß es nicht weit vor uns in ein Thal hinabgeht. Der
Kanonendonner wird deutlicher, ebenso das Knarren der Mitrail-
leusen, deren Stimme jetzt Ahnlichkeit mit der einer arbeitenden
Kaffeemühle hat. Endlich wird auf ein Stoppelfeld rechts von der
Chaussee, von der es links in eine breite Niederung hinabgeht,
hinüber gelenkt. Vor uns steigt hier der Boden zu einer sanften
Höhe an, wo der König etwa tausend Schritt von den Wagen
und Pferden, die ihn und sein Gefolge hergebracht haben, mit
unserm Chef und einer Anzahl von Fürstlichkeiten, Generalen und
andern hohen Offizieren Stellung genommen hat. Ich folge ihnen
über Sturzacker und Stoppelfeld und beobachte nun seitwärts von
ihnen bis zum sinkenden Abend die Schlacht von Beaumont.
Vor uns streckt sich ein breites, nicht sehr tiefes Thal aus,
auf dessen Sohle sich ein schöner tiefgrüner Wald von Laubholz
hinzieht. Darüber hinaus offne Gegend, die sanft ansteigt, und
in der etwas nach rechts hin das Städtchen Beaumont mit seiner
großen Kirche sichtbar ist. Noch weiter zur Rechten ist wieder viel
Wald. Ebenso ist links auf dem Thalrande im Hintergrunde
Gehölz, nach dem eine Chaussee mit italienischen Pappeln führt.
Vor dem Gehölze liegt ein kleines Dorf oder ein Komplex von
Gutsgebäuden. Jenseits der Bodenwellen neben und hinter Beau-
mont schließen ferne dunkle Berge den Gesichtskreis ab.