Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

XVI Vorwort 
Erzählungen fast immer den Sprüngen, den stummen Voraus- 
setzungen und Anakoluthen begegnen, mit denen sie an die Ballade 
erinnern, uud er wird bemerken, daß das Gewebe nicht selten einen 
humoristischen Einschlag und häufig einen Faden halbnaiver Selbst- 
ironisierung zeigt — alles charakteristische Merkmale der Redeweise 
des Fürsten. Ich brauche deshalb wohl kaum hinzuzufügen, daß 
meine Berichte mit ihren Herbheiten und Derbheiten Photographien 
ohne Retouche sind. Mit andern Worten: Ich denke nicht nur 
scharf aufgepaßt zu haben, sondern ich bin mir auch bewußt, nichts, 
was mir der Aufzeichnung wert und mitteilbar schien, absichtlich 
weggelassen, nichts verwischt, nichts zur Pointe zugespitzt, nirgends 
höhere Lichter aufgesetzt und vor allem inhaltlich nichts von dem 
Meinigen hinzugethan und es als Bismarck gehörig in die Welt 
geschick zu haben. Wo schlechterdings auch jetzt noch eine Lücke 
bleiben mußte, ist sie meist durch Gedankenstriche bezeichnet, und wo- 
ich den Sprechenden einmal nicht genau verstanden hatte, ist es eben- 
falls angegeben. Entdeckt man Widersprüche zwischen ältern und 
neuern Ergebnissen meiner Quellen, so trägt nicht mein Gedächtnis 
die Verantwortung dafür. Tadelt man das Fragmentarische meiner 
Darstellung, so muß man alle Memoirenlitteratur verwerfen. Rügt 
man, sie sei kein Kunstwerk, so meine ich schon zur Genüge erklärt 
zu haben, daß ich ein solches nicht beabsichtigte, sondern nach 
Kräften der Wahrheit und nur ihr dienen wollte. 
Vieles von dem, was ich berichte oder schildere, wird manchen 
als Kleinigkeit oder Außerlichkeit erscheinen. Mir erscheint nichts. 
davon so. Zunächst lassen die Bagatellen, um die der Prätor sich 
nicht kümmert, nicht selten das Wesen der Menschen oder die Ver- 
fassung, in der sie gerade sind, deutlicher erkennen als hohe Worte 
und anspruchsvolle Großthaten. Sodann mögen hin und wieder 
an sich unbedeutende Dinge und Situationen dem Geiste Anlaß zu 
Gedankenblitzen und Ideenverbindungen geben, die fruchtbar und 
folgenreich für die Zukunft sind. Ich denke dabei an den oft sehr
	        
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