152 Sechstes Kapitel 1. September
seiner Umgebung umwendend. „Und ich danke dir (zum Kron—
prinzen), daß auch du dazu beigetragen hast.“
Damit gab er dem Sohne die Hand, die dieser küßte. Dann
reichte er sie Moltke, der sie ebenfalls küßte. Zuletzt gab er auch
dem Kanzler die Hand und unterhielt sich darauf längere Zeit
allein mit ihm — was einigen der Hoheiten Unbehagen zu ver—
ursachen schien.
Etwa halb sieben Uhr kommt, nachdem inzwischen eine Ehren—
wache von Kürassieren zur Seite erschienen ist, der französische General.
Reille als Parlamentär Napoleons langsam den Berg heraufgeritten.
Zehn Schritte vor dem Könige steigt er ab und geht auf ihn zu,
zieht die Mütze und übergiebt ihm einen großen rotgesiegelten Brief.
Der General ist ein ältlicher, mittelgroßer, hagerer Herr in schwarzem,
offnem Rocke mit Achselschnur und Epauletten, schwarzer Weste,
roten Hosen und lackierten Reitstiefeln. Er trägt keinen Degen, in
der Hand aber ein Spazierstöckchen. Alle treten vor dem Könige
zurück, der das Schreiben öffnet und liest und hierauf den jetzt
allgemein bekannten Inhalt Bismarck, Moltke, dem Kronprinzen
und den übrigen Herrschaften mitteilt. Reille steht noch etwas
weiter unten vor ihm, erst allein, dann im Gespräche mit preußischen
Generalen. Auch der Kronprinz, Moltke und die Koburger Hoheit
unterhalten sich mit ihm, während der König sich mit dem Kanzler
berät, der dann Hatzfeldt beauftragt, die Antwort auf den kaiserlichen
Brief zu entwerfen. Nach einigen Minuten bringt er sie, und der
König schreibt sie aufs Reine, indem er auf einem Stuhle sitzt und
den Sitz eines zweiten Stuhles, den Major von Alten, sich vor
ihm auf ein Knie niederlassend, auf das andre Knie gehoben hat,
als Tischplatte benutzt.
Kurz vor sieben Uhr reitet der Franzose in Begleitung eines
Offiziers und eines Ulanentrompeters mit weißer Fahne durch die
Dämmerung nach Sedan zurück. Die Stadt brennt jetzt an drei
Stellen lichterloh, und auch in Bazeilles scheint nach der rot an-
gestrahlten Rauchsäule, die über ihm steht, die Feuersbrunst noch
fortzudauern. Im übrigen hat die Tragödie von Sedan ausgespielt,
und die Nacht läßt den Vorhang fallen.
Es konnte am nächsten Tage nur noch ein Nachspiel geben.
Für jetzt ging man nach Hause. Der König begab sich wieder