Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

Vorwort XVII 
zufälligen und unscheinbaren Ursprung epochemachender Erfindungen 
und Entdeckungen, an den zufällig vom Baume fallenden Apfel, 
der den ersten Anstoß zu Newtons Gravitationslehre, der größten 
Entdeckung des achtzehnten Jahrhunderts, gab, an den wallenden 
Küchentopf, dessen Dampf den Deckel hob, und der dadurch zur 
Umgestaltung der Welt durch die Dampfmaschine führte, an die 
hellblinkende Zinnkanne, die Jakob Böhme in das metaphysische 
Schauen verzückte, und an einen gewissen Fettfleck auf unserm Tafel— 
tuche in Ferrieres, der dem Kanzler zum Ausgangspunkte für eine 
überaus merkwürdige Tischrede wurde. Der Morgen wirkt auf 
nervöse Konstitutionen anders als der Abend, und das Wetter mit 
seinem Wechsel drückt oder hebt die Laune des zum Rheumatismus 
Geneigten. Sogar das wird zu beachten sein, daß Gelehrte Theo- 
rien aufgestellt haben, die, kraß ausgedrückt, auf den Satz hinaus- 
laufen, daß der Mensch ist, was er ißt; denn so komisch das klingen 
mag, wir wissen nicht, wie weit sie damit Unrecht haben. 
Endlich aber dünkt mich, daß überhaupt alles von Interesse 
ist und aufgehoben werden sollte, was zu dem hochragenden Mittel- 
punkte der Bewegung in Beziehung gestanden hat, worin sich die 
politische Wiedergeburt unfrer Nation vollzog — zu dem Engel, 
der den trägen Teich rührte und mit heilsamem Leben erfüllte, 
worin sie von vielhundertjährigem Siechtum genas. Ich begleitete 
den Kanzler mit den Augen der Zukunst. In großer Zeit erscheint 
das Kleine kleiner; in spätern Jahrzehnten und Jahrhunderten ist 
es anders: indem das Große der Vergangenheit immer mehr empor- 
steigt, wird auch das bedeutungslos gewesene bedeutungsreich. Oft 
wird bedauert, daß man sich von den oder jenen Ereignissen oder 
Persönlichkeiten kein so lebendiges und farbiges Bild machen kann, 
als man möchte, weil anfangs für unwesentlich angesehenes, jetzt 
wünschenswert gewordnes Material mangelt, da es kein Auge, das 
es sah, und keine Hand, die es sammelte und bewahrte, gefunden hat, 
es Zeit war. Wer wißte jetzt nicht gern genaueres über Luther
	        
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