Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

XVIII Vorwort 
in den großen Tagen und Stunden seines Lebens, bestünde es auch 
aus sehr harmlosen Zügen, Umständen und Beziehungen? In hundert 
Jahren wird Fürst Bismarck in den Gedanken unsers Volkes seine 
Stelle neben dem Wittenberger Doktor einnehmen, der Befreier 
unsers politischen Lebens vom Drucke des Auslandes neben dem 
Befreier der Gewissen von der Wucht Roms, der Begründer des 
deutschen Staates neben dem Schöpfer des deutschen Christentums. 
Viele haben unserm Kanzler diesen Platz in ihrem Gemüte und 
unter den Bildern ihrer Wände schon eingeräumt; die heranwachsende 
Generation wird dem in Masse folgen, und so kann ich es auf die 
Gefahr ankommen lassen, daß man mir vorwirft, ich habe nicht 
bloß von der Perle, sondern auch von der Schale gesprochen. 
Manche Außerung des Kanzlers über die Franzosen kann 
als unbillig, die eine und die andre als unmenschlich auffallen. 
Man erinnere sich aber, daß schon ein gewöhnlicher Krieg verhärtet, 
und daß Gambettas in semitischer Weise geführter Krieg bis zum 
äußersten mit seiner lichterloh brennenden Leidenschaft, der Heimtücke 
seiner Franctireurs und der Bestialität seiner Turkos auch in unserm 
Lager eine Stimmung erzeugen mußte, der Milde und Schonung 
fremd waren. Die Ausbrüche dieser Stimmung werden jetzt, wo 
diese längst vorüber ist, selbstverständlich nicht mitgeteilt und durch 
weitere und grimmere Beispiele vermehrt, um zu verletzen, sondern 
lediglich als drastische Beiträge zur Geschichte des Feldzugs und 
als Charakteristik für die gleichzeitig auch durch andre Dinge ge- 
reizte und verwundete Seele des Kanzlers. 
Wenn ich eine Reihe von Zeitungsartikeln einschalte, so ge- 
schieht dies aus Gründen, von denen ich hoffe, daß man sie billigen 
werde. Erstens zeigen die Aufsätze, wie sich gewisse politische Ge- 
danken allmählich entwickelten und nach dem Gange der Ereignisse 
verwandelten, und welche Gestalt sie zu einem bestimmten Zeit- 
punkte gewonnen hatten. Sodann sind bei weitem die meisten von 
Bismarck unmittelbar inspiriert, einige von ihm diktiert. Alle diese
	        
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