Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

11. September Siebentes Kapitel 187 
Zuletzt kam die Rede auf die Politik der letztvergangnen Jahre, 
und der Kanzler äußerte: „Am stolzesten bin ich doch auf unsre 
Erfolge in der schleswig-holsteinischen Sache, aus der man ein 
diplomatisches Intriguenspiel fürs Theater machen könnte. — Oster- 
reich freilich konnte nach dem, was über sein Verhalten in den 
Bundesakten stand, worauf es doch einige Rücksicht nehmen mußte, 
fürs erste nicht gut mit dem Augustenburger gehn. Dann wollte 
es auch aus der Verlegenheit, in die es mit dem Fürstentage ge— 
raten war, auf gute Manier herauskommen. Was ich wollte, 
habe ich gleich nach dem Tode des Königs von Dänemark in einer 
Sitzung des Staatsrats! gesagt — in einer langen Rede. — Die 
Hauptstelle hatte der Protokollführer weggelassen — er dachte wohl, 
ich hätte zu stark gefrühstückt, und es würde mir lieb sein, wenn 
das wegbliebe — ich sorgte indessen, daß es wieder hineingesetzt 
wurde. Mein Gedanke war aber schwer durchzuführen. Nicht 
mehr als alles war dagegen: die Osterreicher, die Engländer, die 
liberalen und nichtliberalen Kleinstaaten, die Opposition im Land- 
tage, einflußreiche Leute am Hofe, die Mehrzahl der Zeitungen. — 
Ja es gab damals harte Kämpfe, zu denen bessere Nerven gehörten, 
als ich sie hatte, die härtesten mit dem Hofe.“ — „Vor dem Frank- 
furter Fürstentage, in Baden-Baden, wars, als der König von 
Sachsen dagewesen war und unfrer nach Frankfurt wollte, ähnlich. 
Ich habe ihn buchstäblich im Schweiße meines Angesichts davon 
abgebracht.“ 
Ich fragte nach einigen Zwischenreden, ob der König denn 
wirklich zu den übrigen Fürsten gewollt habe. 
„Ganz gewiß,“ erwiderte er. „Ich habe ihn mit Not und 
Mühe geradezu an den Rockschößen festgehalten. Er könnte doch 
nicht anders, sagte er ungefähr, wo ein König seinetwegen gewisser- 
maßen den Postillon gemacht hätte. Die Damen waren alle dafür, 
  
1 Auch bei Poschinger a. a. O. I, 99: Eine Staatsratssitzung. Gemeint 
ist natürlich (Bismarck hat sich nur beidemale versprochen) der Ministerrat am 
Abend des 16. November 1863 im Staatsministerium, unmittelbar nachdem 
Bismarck dem Könige Vortrag gehalten und den dänischen Gesandten von Quaade 
empfangen hatte. Das Protokoll führte der Geheime Rat Costenoble. Ganz 
ähnlich berichtet Bismarck selbst in den „Gedanken und Erinnerungen“ II, 9. 
Bismarck-Regesten I, 211.
	        
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