194 Siebentes Kapitel 15. September
aufgestellt hatte. Es mußte also hier wieder gefährlich sein, ob—
wohl die Bauern, die mit ihren Holzschuhen über die Gassen stol—
perten oder vor den Häusern standen, ziemlich harmlos aussahen
und ihren Physiognomien nach nicht gescheit genug sein konnten,
böse Tücken gewandt auszuführen. Um deutlicher zu sein, sie
hatten recht einfältige Gesichter. Aber vielleicht gab ihnen die Zipfel—
mütze, die sie größtenteils trugen, dieses verschlafne, blöde Wesen,
und wenn sie die Hände fast ohne Ausnahme in den Hosentaschen
begraben hatten, so war das möglicherweise nicht apathische Gemäch—
lichkeit, es konnte sein, daß sie die Fäuste drin ballten.
Um fünf Uhr kamen wir in Chateau Thierry an, wo wir an
dem Platze vor der Kirche in dem großen Hause eines Herrn Sari-
mond allesamt bequeme Unterkunft fanden. Der Wirt war nach
den Mitteilungen des Ministers, der sich mit ihm unterhalten hatte,
ein angenehmer Mann, mit dem sich über allerlei reden ließ.
Chateau Thierry ist ein reizendes Städtchen, das etwas erhöht
über dem Ufer der Marne unter den grün überwachsenen Wallresten
einer alten Burg liegt. Es ist großenteils sehr weitläufig gebaut
und hat viele Gärten. Nur der Kern der Stadt, eine lange Straße,
die an der Kirche vorbeiläuft, und einige auf diese mündende Neben-
gassen zeigen dicht an einander stehende Häuser. Die alte Kirche
ist dem heiligen Schuster und barmherzigen Lederdieb Crispin, fran-
zösisch Crepin, geweiht, vielleicht ein Hinweis darauf, daß neben
der Gerberei, die jetzt hier stark floriert, ehedem auch das Schuh-
machergewerbe einen großen Teil der Einwohner nährte.
Der Chef war abends beim Diner ungewöhnlich heiter und
aufgelegt. Später genoß man eine wundervolle Mondnacht auf der
Gartenterrasse hinter dem Hofe.
Am nächsten Mittag (15. September) wurde, nachdem wir im
Hotel Nogeant gefrühstückt hatten, nach Meaux aufgebrochen, das
ungefähr fünfzig Kilometer von Chateau Thierry und nur noch
etwa gleichweit von Paris entfernt ist. Auf dem Wege wieder
Weinberge von ungeheurer Ausdehnung stundenlang. Wir gingen
über die Marne und fuhren durch kleine Gehölze und über Aus-
läufer der Höhen des linken Thalrandes. Im Dorfe Lusancy
wurde auf eine halbe Stunde Halt gemacht. Wir hatten jetzt vor
den Wagen zum Teil Pferde aus der Beute von Sedan. Je mehr