18. September Siebentes Kapitel 205
eine Täuschung absicht licher oder unabsichtlicher Art zur Ursache
haben, so wäre ein Attentat auf das Leben des Bundeskanzlers
beabsichtigt gewesen oder noch beabsichtigt. Ein durchaus acht—
barer, den bessern Ständen angehöriger Mann, der Oberst Wiegel
in Baltimore, will in einem dortigen Bierhause gehört haben, wie
ein Mensch, den er deutlich beschreiben kann, und der der Sprache
nach ein Österreicher sein müsse, zu einem andern geäußert habe,
er werde, falls ein Krieg ausbreche, Bismarck erschießen. Er habe,
so erzählte er weiter, zunächst nicht viel auf die Außerung gegeben.
Aber kurz nachher habe er den Burschen an Bord eines Bremer
Dampfers, der nach Europa bestimmt gewesen sei, wieder gesehen,
auch habe ihm zweimal geträumt, daß der Bösewicht ein Pistol
auf einen Offizier in einem Zelte abzudrücken im Begriff sei, der
nach Photographien Bismarck sein müsse. Infolgedessen sind wohl
die Schutzmänner herbeordert worden. Die Vorsehung wird aber
das Beste thun müssen, wenn die Sache nicht etwa eine pia fraus
ist, bestimmt, den Kanzler zu bewegen, überhaupt mehr auf seiner
Hut zu sein.
Der Chef ist heute mit beim Frühstück, an dem zwei von den
Gardedragonern teilnehmen. Beide haben das Eiserne Kreuz. Der
Minister küßt den einen und nennt ihn du. Ich höre, daß er
der Leutnant Philipp von Bismarck und ein Bruderssohn des Chefs
ist. Der andre ist der Adjutant von Dachröden. Der Neffe des
Kanzlers, im Frieden beim Kammergericht, macht den Eindruck
eines tüchtigen und bescheidnen Menschen. Als der Minister sich
freute, daß er das Eiserne Kreuz auf den Vorschlag seiner Kame-
raden bekommen habe, erwiderte er, er habe es wohl bloß der
Anciennität nach. Beim Thee fragte ihn der Chef in Bezug auf
den Prinzen Leopold von Hohenzollern, der bei seinem Regimente
steht: „Ist der denn auch Soldat oder bloß Färschte?“ Die Antwort
lautete günstig. Der Minister erwiderte: „Das ist mir lieb. Mich
hat das sehr für ihn eingenommen, daß er seine Wahl zum Könige
von Spanien seinem Kommandeur auf dienstlichem Wege angezeigt
hat.“ Bohlen berichtet, einer von der Umgebung eines unfrer
hohen Herrn habe dieser Tage gemeint, die Verpflegung des Kaisers
Napoleon auf Wilhelmshöhe werde doch erschrecklich viel kosten.
Der Chef bemerkt dazu: „Ja, der denkt wohl, weil er der Ge-