Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

19. September Siebentes Kapitel 207 
Weniger erfreulich sähe es in Bayern aus, und namentlich wäre 
der Minister Graf Bray-Steinburg so unnational, als er in An— 
betracht der Umstände nur sein könnte. 
Nachmittags erschien in meinem Hause ein Herr Helwig oder 
Helwitz, der sich ganz unbefangen mit seinen zwei Koffern unten 
bei den Schutzleuten einquartierte. Er hatte dann mit dem Chef 
eine Unterredung und soll seines Zeichens Kaufmann sein und für 
den Grafen Pierrefonds reisen. 
Montag, den 19. September. Früh besorgte ich für das 
Militärkabinett einen deutschen Auszug aus einem an den König 
gerichteten englischen Briefe. Der Verfasser, der von den Plan— 
tagenets abstammen will, ist der ehemalige Lokomotivführer Weale 
in Jenley, Pembrokeshire. Er hat offenbar wie jener Purkinson, 
der sich vor einigen Tagen mit seinen Prophezeiungen herandrängte, 
einen Sparren im Kopfe, aber dieser ist gutartiger Natur. Mit 
gottseligen Redensarten warnt er in schrecklicher Orthographie auf 
Grund eines Gesprächs zwischen einem Irländer und einem Fran— 
zosen, dem er zugehört haben will, vor den Fallen und Schlingen, 
die den Preußen in den Wäldern von Meudon, Marly und Bondy 
gelegt sind. Schließlich segnet er den König, sein Haus und alle 
seine Unterthanen. 
Man hört für gewiß, daß Jules Favre heute um zwölf Uhrt 
hier eintreffen will, um mit dem Chef zu verhandeln. Schönes 
Wetter hat er dazu. Gegen zehn Uhr kommt Graf Bismarck- 
Bohlen vom Kanzler herunter. Es soll gleich fortgehen, nach 
Schloß Ferriêres, vier oder fünf Stunden Wegs von hier. Über 
Hals und Kopf wird eingepackt. Mit Mühe verschafft mir Theiß 
  
kraftvoll widerlegt in der (anonymen) Schrift: „Wo Süddeutschland Schutz für 
sein Dasein findet.“ Am 6. September 1870 beauftragte ihn König Karl, dem 
König Wilhelm das Großkreuz des Militärverdienstordens zu überreichen und 
diesem zu sagen, „man solle nicht an seiner Gesinnung zweifeln.“ Suckow ent- 
ledigte sich seines Auftrags am 17. September in Meaux und wurde darauf auch 
von Bismarck empfangen. Vgl. Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundes- 
rat II, 155 f. 331 ff. (nach Aufzeichnungen Suckows). A. D. B. 37, 108f. 
1 Abeken S. 407: „Am Sonntag abend kam die Anfrage, ob Favre den 
Minister sprechen könne, Ferrières, Dienstag, den 20. September, abends.“ 
Bismarck forderte ihn dazu auf in Meaux für den 19. durch ein Schreiben, das 
Prinz Biron überbrachte. Bismarck-Regesten I, 404.
	        
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