228 Achtes Kapitel 22. September
Hummersalat und andern schwer verdaulichen Delikatessen auf seinen
Teller zusammengehäuft und dann in seinen Magen versenkt“ habe.
„Auch die Hohenzollern haben — fügte er hinzu — einen gesunden
Appetit. Der König z. B. kann tüchtig essen, und sein hochseliger
Vorgänger hat darin noch mehr geleistet. Dabei war aber ein
Unterschied: der jetzige König trinkt wenig Wein, viel Wasser, was
man seinem Herrn Bruder nicht nachsagte.“ Hatzfeldt erzählte — wenn
ich nicht irre, als Augenzeuge beim letzten Akte des Vorgangs —,
König Wilhelm wäre als Prinz von Preußen einmal zum Souper
bei der Gräfin Benkendorf eingeladen gewesen, habe es aber ver—
gessen und bei sich zu Nacht gespeist, worauf er zu Bett gegangen
sei. Plötzlich habe er sich hier besonnen, anspannen lassen und
sich in die Gesellschaft begeben. Diese habe ihn inzwischen, da er
es mit Einladungen sonst sehr genau zu nehmen pflege, längst er—
wartet und mit Schmerzen das Essen aufgeschoben. „Endlich kam
er, trank ganz munter noch Thee, aß Eis und nahm später am
Souper teil, als ob er nichts vorher gehabt hätte.“
Graf Lehndorff sagte, auch der Kronprinz esse stark. „Ich
erinnere mich — berichtete er —, im Orient, wenn wir früh drei
Uhr aufbrachen — was den Arabern beiläufig ganz unbegreiflich
war —, verzehrte er beim Kaffee seine drei oder vier Beefsteaks
oder Hammelkoteletten.“ Wir hatten zuletzt Hasenbraten, und der
Chef äußerte dabei: „So ein französischer Lampe ist doch eigentlich
gar nichts gegen einen pommerschen Hasen, hat keinen Wildgeschmack.
Wie anders unser Schmandhase, der sich seinen Wohlgeschmack von
Heidekraut und Thymian holt!“
Nach halb elf Uhr ließ er herunterfragen, ob noch jemand
beim Thee sei. Man meldete ihm: „Doktor Busch.“ Er kam, tranf
ein paar Tassen Thee mit etwas Kognak, den er mit Recht für
gesund erklärte, wenn er gut sei, und aß ausnahmsweise einige
Bissen kalte Küche. Später nahm er sich eine Flasche voll kalt ge-
wordnen Thee mit, den er als Nachttrunk zu lieben scheint, da ich
ihn während des Feldzugs mehrmals am Morgen noch auf seinem
Nachttische sah. Er blieb bis nach Mitternacht, und wir waren die
erste Zeit allein. Nach einer Weile fragte er, woher ich gebürtig sei.
Jch erwiderte, aus Dresden. Welche Stadt mir besonders lieb
wäre? Wohl meine Geburtsstadt? Ich verneinte das mit einiger