26. September Achtes Kapitel 239
das aus eigner Erfahrung, da er zwar zuerst bei den Jägern,
dann aber als Landwehr-Lanzenreiter gedient habe. Die Ab—
schaffung der Lanze bei der ganzen Kavallerie der Landwehr sei
ein Mißgriff. Der gekrümmte Säbel nütze, zumal wenn er schlecht
geschliffen sei, nur wenig; viel praktischer sei der gerade Stoßdegen,
und dergleichen mehr.
Nach Tische läuft ein Brief von Favre ein, worin er bittet:
erstens, daß der Beginn des Bombardements von Paris vorher
angezeigt werde, damit das diplomatische Korps sich entfernen könne,
zweitens, daß diesem der briefliche Verkehr nach außen gestattet
werde. Abeken sagt, als er mit dem Schreiben vom Chef herunter—
kommt, er werde über Brüssel antworten.
„Da kommt der Brief aber spät oder gar nicht an, sondern
zu uns zurück,“ bemerkt Keudell.
„Nun, das schadet ja nichts,“ erwidert Abeken.
„Man könnte ihn auch mit einem Parlamentär hineinschicken,“
meint Hatzfeldt.
„Unsre Parlamentäre schießen sie uns tot.“
„Na, das ist doch wohl nicht so schlimm.“
„Nun, wir müssen doch so thun.“ Nach dem weitern Ge—
spräche scheint die Antwort eine bedingt zustimmende zu sein.
Abends noch mehrmals zum Chef hinauf gerufen, um Auf—
träge zu empfangen, erfahre ich u. a., daß „der Bericht Favres
über seine Unterredungen mit dem Kanzler zwar das Bestreben,
wahrheitsgetreu zu sein, bekundet, aber nicht ganz genau ist, was
unter den obwaltenden Umständen und bei drei Besprechungen nicht
wunder nehmen kann.“ Namentlich tritt darin die Waffenstillstands-
frage zurück, während sie doch im Vordergrunde gestanden hat.
Von Seissons ist nicht die Rede gewesen, sondern von Saargemünd.
Favre war zu einer erheblichen Geldentschädigung bereit. Die
Waffenstillstandsfrage bewegte sich zwischen der Alternative: Erstens
Einräumung eines Teils der Befestigungen von Paris, und zwar
eines die Stadt beherrschenden Punktes, an uns und dafür Frei-
gebung des Verkehrs der Pariser mit der Außenwelt; zweitens
Verzicht auf jene Einräumung, aber Übergabe von Straßburg und
Toul. Dieses beanspruchten wir, weil es in den Händen der Fran-
zosen uns die Zufuhr unfrer Bedürfnisse erschwert. Über die Ab-