Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

27. September Achtes Kapitel 241 
gewöhnlich französisch u. s. w.“ Jetzt wird die Sprache des »schnöden 
Galliers«, wie Graf Bohlen die Franzosen nennt, nur noch aus— 
nahmsweise, z. B. gegen solche Regierungen und Gesandte gebraucht, 
deren Muttersprache wir nicht geläufig lesen können; die Register 
aber sind seit Jahren schon deutsch. 
Abeken ist heute nicht im Büreau zu sehen; man hört, daß 
er einen Schlaganfall gehabt habe, und daß Lauer gerufen worden 
ist. Es soll indes nicht sehr gefährlich sein.1 Der Chef arbeitet 
ungewohnterweise schon seit früh acht Uhr. Er hat wieder einmal 
nicht schlafen können. Ich bekomme von ihm verschiedne Auf- 
träge, die im Laufe des Vormittags erledigt werden. Es gehen 
Artikel über das feindselige Betragen der Luxemburger, über die 
Unterredung des Chefs mit Favre,? über England und Amerika ab. 
Wir bekommen jetzt auch reichlicher Zeitungen. Ferner treffen 
die Briefe aus Deutschland seit einigen Tagen rascher ein. Bam- 
berger ist, wie er mir schreibt, von Hagenau weggegangen, 
weil es ihm unter den dort eingetroffnen Büreaukraten, die nicht 
zu unterscheiden wissen zwischen einem untergeordneten Beamten, 
der auf zehn Thaler Zulage angewiesen ist, und einem unabhängigen 
Manne, der sich zu gemeinsamer Arbeit hergiebt, zu eng und un- 
bequem geworden ist. Vorher hat er drei Wochen lang mit vielem 
Eifer und bekanntem Geschick gearbeitet und erreicht, was unter 
den schwierigen Verhältnissen erreichbar gewesen ist, und alles in 
guten Gang gebracht. Die Zufriedenheit mit sich selbst, die er nun 
empfindet, teilt er auch mir mit den Worten mit: „Nach drei 
Wochen habe ich in diesem büreaukratischen Kreise meine Schuld 
an das Vaterland mehr abgetragen als. in einem Biwak.“3 Er fühlt 
sich mit andern beunruhigt durch die Möglichkeit, daß wir an eine 
  
1 Der Anfall zeigte sich als Schreibkrampf und ging bald vorüber, nötigte 
aber Abeken, eine Zeit lang nur zu diktieren, und legte den Keim zu seiner töd- 
lichen Krankheit, der er schon am 8. August 1872 erlag. Abeken 420. 
2 Den Bericht darüber diktierte der Kanzler dem Grafen Hatzfeldt. 
Abeken, 421. 
3 Bamberger war nach dem 18. August nach Nancy, Anfang September 
nach Hagenau gegangen mit dem deutschen Präfekten des Unter-Elsaß und rief 
dort das erste deutsche amtliche Blatt ins Leben. Poschinger, Bismarck und die 
Parlamentarier II, 131. 
Busch, Tagebuchblätter 1 16
	        
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