Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

244 Achtes Kapitel 27. September 
sich auf Englisch lebhaft mit ihm bei einem Glase Kirschwasser, das 
später ergänzt wurde. Fürst Radziwill sprach unterdessen mit dem 
andern. 
Nachdem der Minister seinem Besuche bemerkt hatte, daß er 
etwas spät zu unsrer Kampagne käme, und dieser das erklärt hatte, 
setzte er ihm auseinander, daß wir im Juli nicht im entferntesten 
den Krieg gewollt und, als wir mit der Kriegserklärung überrascht 
worden, nicht an Eroberungen gedacht hätten — weder der König 
noch das Volk. Unsre Armee sei vortrefflich für Verteidigungs— 
kriege, aber zur Ausführung von Eroberungsplänen schwer zu ver- 
wenden; denn das Heer sei das Volk, und das Volk sei nicht 
ruhmbegierig, es brauche und wolle den Frieden. Eben deshalb 
aber verlange die Volksstimme, die Presse jetzt eine bessere Grenze; 
um der Erhaltung des Friedens willen müßten wir nunmehr einem 
ehr= und eroberungssüchtigen Volke gegenüber auf Sicherheiten für 
die Zukunft bedacht sei, und die fänden wir nur in einer Defensiv- 
stellung, die besser wäre als die bisherige. Burnside schien das 
einzusehen und lobte höchlich unfre vortreffliche Organisation und 
die tapfern Thaten unfrer Truppen. 
Als das Kirschwasser, das hier, wie in Meaux bei Malet, 
wohl diplomatische Dienste that, auf die Neige ging, sah der Chef mich 
an. Ich verstand den Wink und machte eine entsprechende Kopf- 
bewegung, die erwidert wurde. Ich ging hinaus zu Krüger und 
sagte ihm das Nötige. Als ich wiederkam, stellte der Chef mich 
dem General vor als Dr. Busch, who has lived for a long time 
in America and is indeed half American, half German. Burnside 
richtete darauf ein paar Worte an mich, die ich kurz erwiderte, 
und schüttelte beim Abschied auch mir die Hand. 
Ich hatte abends nach neun Uhr eben im Auftrage des Chefs 
telegraphiert, daß die Mobilgarden stark desertieren, und daß man 
schon eine Anzahl dafür füsiliert habe, als Krüger, während wir 
beim Thee sitzen, die Meldung bringt, daß Straßburg über ist. # 
Keudell fragt, woher er das wisse. — Eben sei Bronsart beim Chef 
erschienen, um es zu verkündigen, und dann sagt uns Krausnick, daß 
auch Podbielski mit der Nachricht gekommen sei. Bronsart tritt 
  
1 Verdy 192 vom 28. September: „Heute nacht.“
	        
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