30. September Achtes Kapitel 253
Armee eine wirksame Propaganda gegen den Ultramontanismus und
wohl auch gegen den extremen Partikularismus abgeben. Daß die
Nationalgesinnten in Bayern sich mehr wie je fühlen, ist begreiflich.
Sie würden auch thun, was sie vermöchten. Nur haben sie in
der zweiten Kammer nicht die Mehrheit und in der ersten kaum
zwei oder drei Gesinnungsgenossen.
Bei Tische, wo Graf Borck, Besitzer großer Güter in Pommern,
in Militäruniform, und der Fähnrich von Arnim-Kröchlendorf,
Kürassier, Neffe des Chefs, mit uns essen, giebt es wenig, was
des Merkens und Aufzeichnens wert wäre. Man spricht vom Groß-
herzog von Weimar und ähnlichem. Von dem Großherzog sagt
der Chef, nachdem er erwähnt hat, daß er am Abende vorher bei
ihm gewesen sei und etwas wissen gewollt habe, das er ihm nicht
hatte mitteilen können: „Der denkt, ich bin auch sein Bundes-
kanzler. Als ich höflich ablehnte, sagte er, nun dann müsse er sich
an den König wenden. Ja — erwiderte ich —, dann würde
Seine Moxjestät doch erst mit seinem Minister Rücksprache nehmen
müssen. — Und der Minister? — Der hüllt sich in undurch-
dringliches Stillschweigen.““
Dann erzählte der Kanzler, man habe ihn gefragt, wie man
es mit den in Straßburg zu Gefangnen gemachten Mobilgarden
halten solle. „Doch wohl nach Hause schicken?“ meinte man. —
„Bewahre Gott, nach Oberschlesien, sagte ich.“
Freitag, den 30. September. Wieder einen Brief von
Bamberger in Baden-Baden erhalten, der fortfährt, sein Talent
und seinen Einfluß in der Presse im Sinne des Kanzlers geltend
zu machen. Ihn in der Antwort gebeten, gegen den Unfug auf-
zutreten, daß deutsche Journalisten schon jetzt, wo wir noch im
Kriege und kaum aus dem Gröbsten fertig wären, schon mit Eifer
der Mäßigung das Wort reden. (Die ärgste ist die Kölnische
Zeitung, bei der sich der Gedanke, daß Metz nicht deutsch werden
dürfe, weil es französisch spreche, fast wie eine Monomanie äußert.)
Die Herren brächten schon ihre Ratschläge zu Markte, wie weit
man deutscherseits in seinen Ansprüchen gehen könne und dürfe,
und plädierten so zu Gunsten Frankreichs, während sie doch viel
klüger thäten, hohe Forderungen zu stellen. „Damit man — sagte
der Minister, als er sich hierüber als über eine „Abgeschmackt-