Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

254 Achtes Kapitel 1., 2. Oktober 
heit« beklagte — wenigstens was Ordentliches bekommt, wenn auch 
nicht alles, was man fordert. Sie werden mich noch zwingen, 
die Maaslinie zu verlangen. — Banbergern aber schreiben Sie, 
ich hätte ihm doch mehr staatsmännischen Sinn zugetraut, als aus 
seiner Vermutung hervorginge, wir wollten Napoleon auf den fran— 
zösischen Thron zurückführen. 
Oben ist heute Galatafel: sie feiern, wie man hört, den Ge— 
burtstag der Königin. Man will aus der Gegend von Paris her 
wieder Schüsse gehört haben, und abends läßt mich der Chef das 
mit dem Zusatz telegraphieren, es habe ein Ausfall stattgefunden, 
und die Franzosen seien mit starkem Verlust und in wilder Flucht 
in die Stadt zurückgetrieben worden. 
Sonnabend, den 1. Oktober. Zwei Artikel gemacht, einen 
über die falsche Politik der Kölnerin für Berlin und den andern 
für Hannover. Beim Frühstück ist der Berner Professor der 
Nationalökonomie Dr. Jannasch mit einem Begleiter zugegen. Die 
Herren sind unter allerhand Mühseligkeiten und Strapazen hierher 
gelangt. Jannasch ist, wie es unter den Sekretären heißt, auf 
n* des Chefs gekommen, zu welchem Zwecke, erfährt man 
nicht.“) Er soll nach seinen Außerungen zu sozialistischen Ideen 
hinneigen. Bei Tische, wo der Minister fehlte, ! hatten wir Graf 
Waldersee als Gast. Der will Paris als ein Sodom, das die 
Welt vergiftet, gründlich gezüchtigt wissen. 
Sonntag, den 2. Oktober. Graf Bill besucht seinen Vater. 
Früh ein Telegramm, abends zwei Artikel abgesandt. Durch das 
Telegramm wurde auf Weisung des Chefs eine Anfrage in der 
Kreuzzeitung veranlaßt, die dahin lautete, weshalb nicht, wenn 
Jacoby wegen Ermunterung der Franzosen zur Fortsetzung des 
Krieges aus militärischen Gründen unschädlich gemacht worden sei, 
  
*) Der Minister schrieb an den Rand des Korrekturbogens, den ich ihm 
im Spätsommer 1878 sandte, zu dieser Stelle: „Ich weiß gar nicht, wer J. ist.“ 
Herr von Keudell aber kannte ihn ohne Zweifel. 
1 Er war mit Roon zu einem Diner beim Generalstabe eingeladen, 
wo es sehr vergnügt zuging, und er selbst „in seiner so überaus charakteristischen 
und einzigen Weise vieles Hochinteressante und Scherzhafte aus Gegenwart und 
Vergangenheit, so auch von seiner letzten Unterhaltung mit Jules Favre und 
dessen langen Reden“ erzählte, Verdy 196.
	        
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