256 Achtes Kapitel 3. Oktober
schaden, denn es gäbe mehr kleine Leute als Wohlhabende, und
wir hätten den Zweck des Kriegs, der ein vorteilhafter Friede sei,
im Auge zu behalten. Je mehr Franzosen es schlecht ginge, desto
mehr würden sich nach dem Frieden sehnen, gleichviel, welche Be-
dingungen wir stellten. „Und ihre heimtückischen Franctireurs — fuhr
er fort —, die jetzt friedlich in ihren Blusen da stehen, die Hände
in den Taschen und im nächsten Moment, wenn unfre Soldaten
vorbei sind, die Flinten aus dem Straßengraben nehmen und auf
sie feuern — es wird noch dahin kommen, daß wir jeden männlichen
Einwohner totschießen. Es wäre das eigentlich nicht schlimmer als
in der Schlacht, wo sie einander auf zweitausend Schritt umbringen
und sich folglich auch nicht von Angesicht kennen."
Die Rede wandte sich dann nach Rußland und kam über die
dortige kommunistische Landverteilung bei den Dorfgemeinden und
über die kleinen Adelsfamilien, „die ihre Ersparnisse in Bauern-
käufen angelegt und die Zinsen davon in Gestalt von Obrokt aus
den Leuten herausgepreßt“ hätten, auf den unglaublichen Reichtum
mancher alten Bojarengeschlechter. Der Chef führte mehrere Bei-
spiele an und erzählte ausführlich von den Jussupows, deren Ver-
mögen, obwohl mehrmals zur Strafe für Verschwörungen konfisziert,
noch immer weit größer als das der meisten deutschen Fürsten sei,
und die „es, ohne die Sache zu merken, ertragen haben, daß zwei Leib-
eigne, Vater und Sohn, die nach einander als Verwalter fungiert,
ihnen während ihrer Dienstzeit drei Millionen abgezapft hätten.“
Der Palast des Fürsten in Petersburg enthalte ein großes
Theater, einen Ballsaal im Stile des Weißen Saals im Berliner
Schlosse und prächtige Räume, in denen drei= bis vierhundert
Personen bequem speisen könnten. „Der alte Jussupow hielt vor
vierzig Jahren jeden Tag offne Tafel. Ein armer alter abgedankter
Offizier hatte mehrere Jahre fast täglich bei ihm gegessen, ohne
daß man gewußt hatte, wer er sei. Erst als er einmal längere Zeit
ausblieb, erkundigte man sich nach ihm auf der Polizei und erfuhr
hier Namen und Stand des langjährigen Gastes.“
Der 3. Oktober war für mich, wenn ich vom Tagebuch ab-
sehe, ein dies Sine linea, da der Minister vor und nach Tische
Erbzins; natürlich vor Aufhebung der Leibeigenschaft 1861.