274 Zehntes Kapitel 6. Oktober
der Art zur Unmöglichkeit gemacht, daß also ihre Urheber beseitigt
werden mußten.“
Vor Tische machte ich dem Schlosse einen Besuch. Ein großer
Teil des nach der Stadt zu viel gegliederten, nach dem Park hin
einfachern sehr stattlichen Gebäudes war in ein Lazarett verwandelt
worden. Man sah in Säle voll Bilder hinein, wo die Gemälde
der untern Reihe mit Brettern verschlagen waren und neben ihnen
Betten mit Verwundeten und Kranken standen. Die an dem großen
Wasserbecken zwischen Park und Schloß hingelagerten Götterstatuen
und Nymphengruppen sind außerordentlich schön. Auch das zweite
Bassin vor der breiten Freitreppe unten und das weiter hinaus
gelegne, das fast eine Viertelmeile lang sein mag, zeigt derartige
Kunstwerke. Mehr Wert haben meinem Geschmack nach einige von
den Marmorbildsäulen, die an den Gängen stehen, die vom zweiten
Wasserbecken nach dem dritten führen. Der Park ist ungemein groß
und nicht so steif und architektonisch zugestutzt, als ich mir ihn nach
Beschreibungen vorgestellt hatte. Nur die zu Kegeln und Pyramiden
verschnittnen Bäume und Sträucher an der Freitreppe sind unerfreu—
liche Künstelei.
Bei Tische fehlte Graf Bismarck-Bohlen. Hexenschuß, meinten
die einen, Blasenleiden die andern. — Früh hatte Keudell zu mir
geäußert, drei Wochen würde unser Aufenthalt in Versailles wohl
dauern. Metz würde zwar bald kapitulieren müssen, da sie dort
nur noch Pferdefleisch und kein Salz dazu hätten. Aber in Paris
wäre man guten Mutes, obwohl man, da sie das Vieh meist mit
komprimiertem Futter nährten, viele Tiere sterben sähe, was Burnside,
der inzwischen in Paris gewesen war, dann im Büreau bestätigte.
Weniger sanguinisch urteilte der Minister. Es war wieder von den
Uniformen der Sekretäre die Rede, und der Chef meinte im Zu—
sammenhange damit, der Krieg könne noch lange währen, vielleicht
bis Weihnachten, möglicherweise bis Ostern, und die Soldaten
würden zum Teil wohl noch jahrelang in Frankreich bleiben.
Man hätte Paris gleich am 19. September stürmen oder es ganz
beiseite lassen sollen. Er sagte dann zu seinem Kammerdiener:
„Hören Sie mal, Engel, lassen Sie doch von Berlin meinen Pelz
schicken — oder besser beide, den Schuppenpelz und den leichten,
dünnen.“