Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

7. Oktober Zehntes Kapitel 275 
Im Daily Telegraph vom 17. September hat „ein Eng- 
länder im Hauptquartier zu Meaux“ berichtet, der Chef habe am 
Schlusse seiner Besprechung mit Malet geäußert: „Was ich und 
der König am meisten besorgen, das ist die Einwirkung einer 
französischen Republik auf Deutschland. Es ist uns gar wohl bekannt, 
welchen Einfluß das Republikanertum in Amerika auf Deutschland 
gehabt hat, und wenn die Franzosen uns mit einer republikanischen 
Propaganda bekämpfen, so werden sie uns damit mehr Schaden 
zufügen als mit ihren Waffen.“ Der Minister hat an den Rand 
dieses Referats geschrieben: „Alberne Lüge.“!1 
Freitag, den 7. Oktober. Diesen Morgen bald nach Tages- 
anbruch hörte ich mehrere Schüsse aus grobem Geschütz, das nicht 
viel weiter als eine halbe Meile von hier zu stehen schien.? Später 
konnte ich nach Berlin melden, daß unfre Verluste im letzten Treffen 
nicht, wie französischer Schwindel behauptet, viel stärker, sondern 
weit geringer als die der Franzosen gewesen sind. Diese sollten 
etwa 400, wir 500 Tote und Verwundete gehabt haben; in Wahr- 
heit ließen die Franzosen allein vor der Front der 12. Division 
450 und im ganzen etwa 800 Mann auf dem Platze, während 
wir 85 Tote hatten. 
Der griechische Gesandte in Paris ist, wie Hatzfeldt beim Früh- 
stück berichtet, mit einer „Familie“ von 24 oder 25 Personen zu 
uns herausgekommen, um sich zur Delegation der Regierung der 
nationalen Verteidigung in Tours zu begeben. Sein Knabe hat 
zu dem Grafen gesagt, es gefalle ihm in Paris gar nicht, und auf 
die Frage, warum nicht, geantwortet, weil er da so wenig Fleisch 
zu essen kriege.3 
Folgende Gedanken für die Presse ausgeführt: Wir führen 
nicht Krieg, um die Okkupation Frankreichs zu verewigen, sondern um 
den Frieden unter den von uns gestellten Bedingungen zu erlangen. 
Dazu bedarf es der Verhandlung mit einer Regierung, die den 
Willen Frankreichs vertritt, und durch deren Außerungen und Zu- 
geständnisse es sich bindet und uns verpflichtet. Die jetzige Re- 
  
1 Er sandte deshalb ein Telegramm an Reuters Büreau in London, das 
die Behauptung zurückwies. Bismarck-Regesten I, 406. 
2 bei St. Denis. 
3 Abeken, 425. 
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