Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

2 Erstes Kapitel 21. Februar 
die von meiner Befähigung gehegten Erwartungen nicht zu recht- 
fertigen imstande sein sollte, nicht diesem Büreau zugeteilt zu werden.) 
Darauf empfing ich am 19. Februar, nachdem Keudell in Berlin wieder 
eingetroffen war, von Metzler die Nachricht, meine Wünsche seien 
angenommen, namentlich finde der wegen des Litterarischen Büreaus 
gar keine Beanstandung; ich solle daher umgehend zur Rücksprache 
mit Keudell selbst wiederkommen und mich so einrichten, daß ich 
gleich dableiben und meinen Posten antreten könne. 
Am 21. Februar hatte ich eine Unterredung mit Keudell, die 
befriedigend verlief und zum Abschlusse der Sache zwischen ihm und 
mir führte. Am 23. ließ er mich brieflich wissen, daß auch der 
Kanzler mit meinen Bedingungen einverstanden sei, und daß er mich 
bei diesem für den folgenden Abend zu einer Besprechung an- 
gemeldet habe. Am 24. nachmittags leistete ich vor dem Geheimen 
Hofrat Roland, dem Vorstande des Zentralbüreaus im Ministerium 
des Auswärtigen, den Beamteneid, und abends, kurz nach acht Uhr, 
fand die von Keudell veranlaßte Audienz beim Bundeskanzler statt. 
Ich hatte Bismarck bis dahin erst einmal und zwar von der Jour- 
nalistentribüne im Reichstage, also nur aus der Ferne, gesehen. 
Jetzt, zwei Jahre später, stand ich vor ihm, der in militärischer 
Uniform an seinem Arbeitstische saß und ein Bündel Akten vor 
sich hatte, ganz nahe — wie vor dem Altar! 
Er reichte mir die Hand und lud mich durch eine Bewegung 
ein, mich ihm gegenüber zu setzen. Dann begann er damit, daß 
  
*) Das Büreau war nach dem Staatshandbuche ein Organ des gesamten Staats- 
ministeriums und stand seit 1862 unter dem Ministerium des Innern. In der 
Zeit der „neuen Ara“ wurde es von Dr. Wehrenpfennig, von 1866 an aber von 
dem Regierungsrat Hahn geleitet. Aus ihm ging die „Provinzialkorrespondenz“ 
hervor, und zu gleicher Zeit wurde hier eine Anzahl von Journalisten unter- 
geordneter Art beschäftigt, die auswärtige Blätter mit offiziösen Korrespondenzen 
versorgten, die nur selten Raisonnements enthielten, sondern meist kurze Mitteilungen 
aus den verschiednen Ressorts der Verwaltung brachten. Neben diesem Institute 
bestand im Staatsministerium ein ähnliches, weniger bekanntes, das 1870 vom 
Regierungsrate Wagener inspiriert wurde. Das Auswärtige Amt hatte in dieser 
Zeit keine derartige Einrichtung. Hier war es allein Dr. Metzler, der teils direkt, 
teils durch Litteraten, die sich bei ihm Nachrichten holten, auf die Presse einigen 
Einfluß übte. Nur gelegentlich schrieb auch Lothar Bucher im Auftrage des Kanzlers 
einen Aufsatz für das eine oder das andre offiziöse oder nichtoffiziöse Blatt.
	        
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