Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

308 Zehntes Kapitel 20. Oktober 
auf Paris zu versuchen, und man habe in Versailles den Plan 
adoptiert, die Stadt durch Hunger zu bezwingen. Die preußische 
Armee hält, in dichten Massen abgeteilt, starke Stellungen an ver— 
schiednen Punkten rings um Paris besetzt. Ihre sehr zahlreiche 
Kavallerie dient zur Verbindung dieser Stellungen mit einander 
und zur Verhinderung von Zufuhren und Zuzügen aus der Provinz. 
Die Pariser Bevölkerung, vermehrt durch die arme und mittellose 
Bewohnerschaft der Banlieue, wird bald Hunger leiden und, ehe 
acht Tage ins Land gehen, der Regierung unübersteigliche Schwierig- 
keiten bereiten, von denen der Feind Nutzen ziehen wird. — Je 
dreister die terroristische Partei auftritt, desto schwächer zeigt sich 
die Regierung; nicht lange wird es dauern, so wird sie über Bord 
geworfen und von allen diesen wilden Tieren verschlungen sein, 
wenn sie nicht bald energische Entschlüsse faßt. Die Führer der 
terroristischen Partei sind entschlossen, die Generale Trochu und 
Lefl5, den Admiral Fourichon und die Herren Jules Favre, Thiers, 
Jules Simon und Keratry beiseite zu schaffen, da sie im Ver- 
dachte stehen, Royalisten zu sein. Wenn der General Trochu nicht 
bald kräftig einschreitet, so wird die Schreckensherrschaft in Paris 
seine Stelle einnehmen."“ 
Die deutsche liberale Presse vermag sich über die Verhaftung 
Jacobys immer noch nicht zu beruhigen, dem Chef aber scheint 
viel daran zu liegen, daß man über seine Auffassung des Falles 
nicht im unklaren bleibe, und daß man sich ihr anschließe. Die 
heute eingetroffne Weserzeitung vom 16. d. M. enthält folgenden 
Artikel: 
„Der Bundeskanzler hat die Verhaftung des Dr. Jacoby und 
des Kaufmanns Herbig als gerechtfertigt anerkannt, zugleich aber 
erklärt, daß sie gesetzwidrig sei. Die Belehrung, die er über diese 
Angelegenheit der Vermittlung des Oberpräsidenten von Horn dem 
Königsberger Magistrat hat zugehen lassen, hat für alle Deutsche 
diesseits des Mains ein sehr hohes praktisches Interesse; denn es 
geht daraus hervor, daß das Schicksal des Dr. Jacoby jedem von 
uns, der nach Ansicht der Militärbehörde eine Außerung thut, die 
mittelbar oder unmittelbar die Franzosen in der Fortsetzung ihres 
Widerstandes bestärken könnte, widerfahren kann, ohne daß dawider 
auf den Schutz der Gesetze zu rechnen ist. Die Belehrung hat, ab-
	        
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