Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

24. Februar Erstes Kapitel 5 
mich bald in diese erst ungewohnte und anstrengende Thätigkeit, 
da er seine Meinungen und Befehle meist in eine sich leicht ein- 
prägende und feststehende Form kleidete und die Hauptpunkte in der 
Regel mit andern Worten wiederholte, und da ich mich zwang, 
dabei nichts als Gehör zu sein, sodaß ich es durch Ubung allmäh- 
lich dahin brachte, lange Sätze, ja ganze Vorträge wörtlich und so 
gut wie lückenlos mit hinwegtragen und zu Papier bringen zu können. 
Wie er mich zu solchen Auseinandersetzungen und Weisungen zitieren 
ließ, so schickte er mir durch die aufwartenden Kanzleidiener auch 
diplomatische Aktenstücke und Zeitungsausschnitte, die er mir mit 
einem V, in dem ein Kreuz war, (Vortrag, Presse) bezeichnet hatte, an 
mein Pult, damit ich sie nach Besprechung mit ihm bearbeite. End- 
lich konnte ich mich, wenn ich ihn etwas von Wichtigkeit zu fragen 
oder ihm eine Sache zur Genehmigung vorzulegen hatte, bei ihm 
melden lassen. Ich hatte also ungefähr alle Eigenschaften eines vor- 
tragenden Rates, mit Ausnahme des Titels und des unfehlbaren 
Verstandes, der solchen mit dem Amte zu teil wird. 
Die Blätter, denen die fertigen Artikel von mir zugingen, waren 
die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, damals von Braß redigiert 
und das eigentliche offiziöse Organ der Regierung, die Spenersche 
und die Neue Preußische Zeitung. Oft geschah es auch, daß ich 
der Kölnischen Zeitung Korrespondenzen zukommen ließ, die Gedanken 
des Kanzlers wiedergaben. In den ersten Monaten diente dabei 
Metzler, der schon früher häufig für das Blatt geschrieben hatte, als 
Vermittler, später sandte ich diese Beiträge direkt an die Redaktion, und 
immer fanden sie unverändert Aufnahme. Nebenher informierte ich 
jeden Mittag einen aus dem Litterarischen Büreau des Ministeriums 
des Innern kommenden Litteraten, der seine Ausbeute in der 
Magdeburgischen Zeitung und einigen kleinern Blättern verwertete und 
Teile davon durch die übrigen Mitglieder seines Instituts an 
schlesische, ostpreußische und süddeutsche Journale versenden ließ. 
Dasselbe geschah wöchentlich einigemale mit andern, etwas mehr 
selbständig arbeitenden Schriftstellern, von denen ich Dr. Bock, der 
die Augsburger Allgemeine Zeitung und etliche hannoversche Blätter 
mit Artikeln versah, ferner Professor Konstantin Rößler, der Dozent 
in Jena, dann Preßattachee bei Richthofen in Hamburg und zuletzt 
Redakteur des Staatsanzeigers geworden war, endlich einen Herrn
	        
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