Elftes Kapitel
Thiers und die ersten Waffenstillstandsverhandlungen
in Versailles
8K ich am 30. Oktober früh einen Gang über die Avenue de
Saint Cloud machte, begegnete ich Bennigsen, der an diesem
Tage mit Blanckenburg die Heimreise antreten wollte. Er äußerte
auf meine Frage, wie weit man daheim mit der deutschen Einigung
gekommen sei, es stünde gut damit, in Bayern werde eigentlich nur
noch an der besondern Stellung des Militärs festgehalten, die
Stimmung der Mehrzahl des Volkes sei, wie sie zu wünschen ge-
wesen wäre.
Als ich wieder nach Hause kam — etwas nach zehn Uhr —,
hörte ich von Engel, daß Thiers kurz vorher dagewesen, aber gleich
wieder gegangen sei. Man sagte später, er sei von Tours gekommen
und habe sich nur ein Saufconduit zum Passieren unfrer Linien
geholt; denn er wolle nach Paris hinein. Während des Früh-
stücks erzählte Hatzfeldt, der mit Sihm im Hotel des Reservoirs
dejeuniert und ihn dann in den Wagen gebracht hatte, der
ihn in Begleitung des Leutnants von Winterfeldt zu den fran-
zösischen Vorposten bringen sollte, daß Thiers „immer noch der geist-
reiche, amüsante alte Herr wie früher, aber windelweich“ sei. Er
hatte ihn bei uns im Hause zuerst entdeckt und ihm gesagt, daß
der Chef eben aufstünde. Dann hatte er ihn unten in den Salon
geführt und den Minister von seiner Ankunft benachrichtigt, der sich
rasch zurecht gemacht habe und bald nachher heruntergekommen sei.
Sie hatten sich aber nur ein paar Minuten mit einander unter-
halten, und zwar unter vier Augen, dann hatte der Chef Hatzfeldt
gerufen und ihm den Auftrag gegeben, die nötigen Vorbereitungen
zur Beförderung des Besuchs nach Paris zu treffen. Später hatte
er ihm mitgeteilt, Thiers habe ihm gleich nach der Begrüßung