1. November Elftes Kapitel 341
Granville mit gutem Willen zu thun. Ob aber der Wiener Reichs-
kanzler sich die möglichen Folgen dieses neuen Schachzugs wohl
recht reiflich überlegt hat? Nach dem Falle von Metz ist es nicht
wahrscheinlich, daß die von Wien her versuchte Hinderung Deutsch-
lands an vollständiger Erreichung des Friedens, den wir im Inter-
esse unsrer künftigen Sicherung gegen Westen hin im Auge haben,
von Erfolg begleitet sein wird. Wir werden uns aber dann des
Versuchs der Hinderung und Beeinträchtigung erinnern. Der gute
Eindruck, den die bisherige Neutralität Osterreich-Ungarns auf die
Geister in Deutschland machte, wird ausgelöscht sein, ihre gemüt-
liche Annäherung an das Doppelreich an der Donau, die sich vor-
bereitete, unterbrochen werden und vermutlich für geraume Zeit.
Setzen wir aber den andern Fall: nehmen wir an, daß wir durch
das Dazwischentreten des Grafen Beust wirklich an dem, was wir
von Frankreich fordern müssen, verkürzt, daß wir wirklich genötigt
würden, auf einen Teil der alten und der neuen Schuld, die wir
von ihm einzutreiben im Begriffe sind, zu verzichten — glaubt der
Reichskanzler, daß wir dann nicht darauf bedacht sein würden, uns
an dem mißwollenden Nachbar im Südosten für das, was er uns
im Westen aus der Hand winden half, bei erster Gelegenheit
schadlos zu halten? Glaubt er, daß wir unklugerweise die Ab-
rechnung mit diesem immer wieder sich als Feind enthüllenden
Nachbar hinausschieben würden, bis sein französischer Schützling so
weit wieder zu Kräften gelangt wäre, um ihm zum Danke für den
jetzt geleisteten Liebesdienst gegen Deutschland als wertvoller Bundes-
genosse an die Seite zu treten?“
Dienstag, den 1. November wurde in der Morgendämme-
rung wieder mit einiger Lebhaftigkeit aus grobem Geschütz geschossen.
Um elf Uhr machte mir der Abgeordnete Bamberger seinen Besuch,
der von Nanteuil zwei ganze Tage bis Versailles gereist war.1 Beim
Frühstück wurde das Gefecht von Le Bourget besprochen, wobei
man erzählte, daß die Franzosen dabei verräterisch so gethan hätten,
als wollten sie sich ergeben, dann aber, als sich unfre Offiziere
ihnen arglos genähert hätten, sie niedergeschossen hätten. Als dann
1 Er kam aus Heidelberg, seinem Winterquartier. Poschinger, B. und
die Parlamentarier II, 153f.