Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

10. November Elftes Kapitel 379 
mehrere Monate mit Lebensmitteln und andrer Notdurft versehen 
war — was in betreff des Artikels Mehl nicht wohl bezweifelt 
werden konnte —, so war nicht recht zu begreifen, wie die Pro— 
visorische Regierung an der Nichtbewilligung der Verproviantierung 
einen Waffenstillstand scheitern lassen konnte, der die Pariser höchstens 
an nutzlosen Ausfällen hinderte. Daneben aber hatte Frankreich 
den großen Vorteil, daß der widerstandslosen Okkupation weitern 
französischen Gebiets, zu der unsre vor Metz frei gewordne Armee 
sich in Bewegung setzte, durch Demarkationslinien Schranken gesetzt 
wurden. Thiers hat indes dieses sehr annehmbare Anerbieten ab— 
lehnen und die Verproviantierung von Paris als unumgängliche Be— 
dingung eines Übereinkommens festhalten müssen, und er ist auch 
zuletzt nicht ermächtigt worden, dafür irgend ein militärisches Äqui— 
valent, wie etwa die Einräumung eines der Forts um Paris, in 
Aussicht zu stellen. 
Als wir zu Tische gingen, erzählte der Chef, daß der Kriegs— 
minister ernstlich krank sei. Er fühle sich sehr schwach und werde 
wohl vor vierzehn Tagen nicht aufstehen können.“ Später scherzte 
er über das Waschwasser im Hause: „Die Bewohner der hiesigen 
Wasserleitung scheinen ihre Saisons zu haben. Zuerst kamen die 
Tausendfüße, die mir zuwider sind — »regt tausend Gelenke zu— 
gleiche. Dann die Kellerwürmer, die ich, obwohl sie ganz harm- 
lose Tiere sind, auch nicht angreifen mag — eher eine Schlange. 
Jetzt sind die Blutegel da. Ich fand heute einen ganz kleinen, der 
hatte sich zusammengezogen wie ein Knopf. Ich suchte ihn zur Ent— 
wicklung zu bringen, aber er wollte nicht — blieb Knopf. Da begoß 
ich ihn mit dem Brunnenwasser, und jetzt streckte er sich lang und 
dünn wie eine Nadel und machte, daß er fortkam.“ 
Dann war die Rede von allerlei einfachen, nichtsdestoweniger 
aber achtbaren Delikatessen, frischen und gesalzenen Heringen, neuen 
Kartoffeln, Maibutter u. dergl., und der Minister bemerkte zuletzt 
gegen Delbrück, der diesen guten Dingen ebenfalls seine Anerkennung 
widerfahren ließ: „Ein verkannter Fisch ist der Stör, den man in 
Rußland wohl zu schätzen weiß, und der auch bei uns vorkommt. 
In der Elbe, z. B. im Magdeburgischen, wird er häufig gefangen, 
  
Roon III., 252f.
	        
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