Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

382 Elftes Kapitel 10. November 
waren, oder zu denen sie mindestens keine Vollmacht hatten. Sie 
mußten auch gleich unterschreiben, und wenn sie dann nüchtern wurden, 
wußten sie nicht, wie sie dazu gekommen waren.“ 
Weiter bemerkte der Minister, ich weiß nicht mehr, wodurch 
veranlaßt, alle Familien stürben aus, die in Pommern zu Grafen 
gemacht würden. „Das Land erträgt es nicht,“ fügte er hinzu. 
„Ich weiß wohl zehn oder zwölf Familien zu nennen, denen es so ge- 
gangen ist.“ Er nannte einige. Dann fuhr er fort: „Und so wehrte 
ich mich anfangs sehr dagegen. Zuletzt ließ ichs geschehen, aber ich 
habe noch jetzt meine Befürchtungen."“ 
Als der Braten auf den Tisch kam, fragte der Chef: „Ist das 
du cheval?“ Einer der Anwesenden antwortete, nein, es wäre 
Rind. Er sagte: „Es ist doch eigen, daß man kein Pferdefleisch 
ißt, wenn man nicht muß, wie die in Paris drinnen, die nun bald 
nichts andres mehr haben werden. Es kommt wohl davon, daß 
uns das Pferd näher steht als andre Tiere. Man ist als Reiter 
gewissermaßen eins mit ihm. (Ich hatt einen Kameradene — hals 
wärs ein Stück von mir.) Es ist uns auch an Verstand am 
nächsten. Mit dem Hunde ists ebenso. Du chien soll ganz gut 
schmecken, und doch essen wir es nicht.“ 
Einer der Herren äußerte sich abfällig, ein andrer lobend über 
den Geschmack von Hundebraten. Dann nahm der Chef seinen 
Faden wieder auf, indem er sagte: „Je ähnlicher uns etwas ist, 
desto weniger mögen wir es. Es muß sehr ekelhaft sein, Affen zu 
essen, wo die Hände wie menschliche aussehen." 
Man erinnerte daran, daß die Wilden in Südamerika Affen- 
fleisch genießen, und kam auf Menschenfresser zu reden. 
„Ja — entgegnete er —, aber das ist doch ursprünglich aus 
Not geschehen, und auch hier denke ich gelesen zu haben, daß sie 
die Weiber vorziehen, also wenigstens nicht ihr eignes Geschlecht. 
Wenn man bei uns Menschen äße, so würde ich, glaub ich, auch 
eher von einer Frau essen als von einem Manne. Die schmecken 
süßer und zarter.“ — „Sonst ißt man von Tieren nicht gern 
Fleischfresser — Raubzeug, Wölfe, Löwen — nun ja, Bären, aber 
die leben doch weniger von Fleisch als von Pflanzen. Ich mag 
nicht einmal von einem Huhn essen, das mit Fleisch gefüttert ist — 
nicht einmal die Eier."
	        
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