Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

12 Erstes Kapitel 5. März 
ihm vorliegenden Abdruck zeigte — doch ausdrücklich gesagt, Sie 
sollten die Namen nennen: Delbrück, Leonhard, Camphausen, und 
daß sie unter meinem persönlichen Einfluß ernannt seien. Nicht 
wie die Katze um den heißen Brei herumgehen. So ists nichts. 
Stumpfer Artikel! Es sind gerade die gescheitesten unter den jetzigen 
Ministern. . . . Und der Ausfall gegen Lasker ist auch nicht am 
Orte. Man muß die Leute auch nicht ohne Not reizen. Da haben 
sie ganz recht, wenn sie über Klopffechtereien klagen.“ Der „Ausfall 
gegen Lasker“ bestand nur in seinen eignen, oben angeführten Worten. 
5. März. Die Vossische Zeitung hatte einen Ausfall gethan, 
worin ihre Bissigkeit den Satz geleistet hatte: „Ausnahmezustände 
— und solche existieren doch, wo man Arbeiter mit Hinterladern 
traktiert oder Minister an die Laternen hängt — können nicht 
Normen geben für regelmäßige Zustände.“ Der Graf, dem man 
den betreffenden Artikel aus dem Litterarischen Büreau des Staats- 
ministeriums, wo die Zeitungsausschnitte für ihn besorgt werden, 
zugeschickt hatte, was man bei der geringen Bedeutung des Gekeifs 
der „Tante“ auch hätte unterlassen können, ließ mich rufen, las 
mir die Stelle vor und bemerkte dann: „Hier ist von Zeiten die 
Rede, wo man Minister an die Laternen hängt. Eine unwürdige 
Sprache! Schreiben Sie dagegen, in Preußen wäre das noch nicht 
geschehen, auch wäre dazu keine Aussicht. Indes sähe man doch, 
auf was für Zustände das Blatt hinsteure, welches unter den 
Auspizien Jacobys und Kompagnie für den vorgeschrittnen Mittel- 
stand in Berlin die Politik mache."“ 
Später wieder zu ihm hinaufzitiert. Ich soll zu Geheimrat Hahn 
gehn und seine Aufmerksamkeit auf die Frage der Todesstrafe lenken, 
die in der Provinzialkorrespondenz im Sinne der Regierung, die 
deren Beibehaltung wünscht, und im Hinblick auf die bevorstehenden 
Wahlen besprochen werden soll. Der Minister sagte: „Ich bin fest 
überzeugt, daß die Mehrheit des Volkes von ihrer Abschaffung nichts 
wissen will. Wäre es anders, so könnte man sie ja beseitigen. Es 
ist aber nur die Theorie, die Sentimentalität der Juristen im 
Reichstage, die Parteidoktrin, die vom Leben und Denken des Volkes, 
das sie immer im Munde führen, losgelöst ist. Sagen Sie das. 
Aber seien Sie vorsichtig mit ihm. Er ist etwas eingenommen von 
sich — büreaukratisch. Machen Sies diplomatisch. Sie müssen ihn
	        
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