14. November Elftes Kapitel 395
bis zum Diner nicht zu sehen. Mittags zwölf Uhr reist Bölsing
ab, um über Nanteuil, Nancy und Frankfurt nach Hause zurück—
zukehren. Bei Tische Graf Maltzahn, starker Herr, Kotelettenbart,
blaue Uniform, Johanniter, zugegen. Dieser erzählt, daß Franc—
tireurs in einem Dorfe Husaren von uns angegriffen hätten. Bayrische
Jäger, die dabei gewesen wären, hätten die Freischärler aus den
Häusern verjagt, und die Husaren hätten sie dann über das Feld
hin verfolgt, wobei sie 120 von 170 niedergesäbelt hätten.
„Nun, und die drei übrigen?“ fragt der Chef, der die Zahlen
wohl nicht recht gehört hat. „Die sind nicht erschossen? Ja, es ist
schlimm, man schont diese Meuchelmörder viel zu sehr. — Ich er—
innere mich, in Saint Avold, da hatte ich Mühe (aus der Proklama—
tion, die den Kriegszustand verkündigte?) eine Anzahl von Fällen weg—
zubringen, für die der Tod angedroht werden sollte. Es blieben
— da sie sich sperrten und sagten, das müsse bleiben, das gehöre
zum Kriegsgebrauch u. s. w. — da blieben immer noch einhalb Dutzend,
die zu viel waren. Und jetzt — auf dem Papier. Wen die Soldaten
nicht auf der Stelle totschießen oder hängen, der ist sicher. Das
ist aber ein Verbrechen gegen unsre armen Soldaten.“
Löwinsohn erzählt als sicher — will es von Pietsch haben —.
daß der Herzog von Koburg bei Bleibtreu ein großes Gemälde be-
stellt habe, auf dem er während der Schlacht bei Wörth mitten unter
die kämpfenden, in Pulverdampf gehüllten Truppen sprengt und von
ihnen, als wäre er der Sieger, akklamiert wird. Wenn das wahr
ist, kommt das Bild wahrscheinlich neben das von Eckernförde zu
hängen. Und warum nicht? Es sieht gut aus. Poetische Lizenz,
weshalb nicht auch malerische Lizenz? Künstler sind keine Geschicht-
schreiber.
Beim Thee äußert Hatzfeldt, daß Rußlands Haltung ihn besorgt
mache; es scheine bei Gelegenheit des jetzigen Krieges den Frieden
von 1856 annullieren zu wollen, und darüber könnte es zu bedenk-
lichen Dingen kommen. — Ob der Chef wohl gleicher Ansicht ist??
Man könnte nach manchem Eintrag auf den vorigen Blättern
vom 18. November. „Gallige Magenleiden“ nennt er seinen Zustand in einem
Briefe an Roon von demselben Tage, Roon III4, 253.
1 Vgl. G. u. E. II, 104. Kaiser Friedrichs Tagebuch vom 14. November.