6., 7. März Erstes Kapitel 13
dahin bringen, daß er glaubt, selber darauf gekommen zu sein. Sonst
thut er nichts Ordentliches dafür. Dann sagen Sie mir Antwort,
was er dazu gemeint hat.“ 1
6. März. Bei Hahn gewesen. Ist der Ansicht, daß es noch
zu früh sei, mit der Sache zu beginnen. Es werde wahrscheinlich zu
einem Kompromiß kommen: bloß Tod auf Mord. Erst nach der
Entscheidung im Reichstage könnte mit der Haltung der Liberalen
auf die Wahlen gewirkt werden. Indes habe er dem Litterarischen
Büreau Auftrag erteilt, gegen den betreffenden Artikel der National-
zeitung loszugehn und zu zeigen, wie unfruchtbar eine Gesetzgebung
sein würde, die das langersehnte allgemeine Strafgesetzbuch an der
Todesstrafe scheitern ließe. Berichte das dem Minister. Dieser
ist der Meinung, daß der Geheimrat falsch rechne. „Es muß hier
diplomatisch verfahren werden — bemerkte er —, das heißt, man
muß sich bis zur letzten Stunde in der Angelegenheit fest zeigen
und nichts von Geneigtheit zu einem Kompromiß zeigen, wenn wir
ein Kompromiß, wie es uns paßt, haben wollen. börigens darf
Hahn keine andre Politik treiben als ich. Ich werde mit Eulen-
burg sprechen, daß er ihm den Kopf zurechtsetzt. Es ist eilig. Man
muß beizeiten an die Wahlen denken.“
7. März. Einen von Bucher auf Befehl des Chefs geschriebnen
Artikel, der nachweist, daß die Majorität des Reichstags die öffent-
liche Meinung und den Willen des Volkes nicht ausdrücke, sondern
nur die Meinung und den Willen seiner Parteien, an Braß geschickt.
Abends zum Minister hinaufgeholt, wo er mir sagt: „Ich
wollte Sie bitten, in der Presse etwa folgendes zu äußern: Seit
einiger Zeit durchlaufen die Welt vage kriegerische Gerüchte, für
die ein zureichender Grund nicht vorhanden sei, auch nicht einmal
angegeben werde. Die Erklärung dürfte wohl in einer von Paris
ausgehenden sehr starken Spekulation à la baisse zu finden sein.
Sie erhebe über die Anwesenheit des Erzherzogs Albrecht in Paris
ein konfidentielles, beunruhigendes Geflüster, welches dann natürlich
von dem welfischen Blasebalge verstärkt und weiter getragen werde.“
1 Poschinger, B. u. d. P. II, 107—109. Von der Annahme der Todes-
strafe hing das Geschick des Reichsstrafgesetzbuchs ab. Wie sehr die Sache
Bismarck interessierte, zeigt das Gespräch mit Hans Blum und der Brief an
Blanckenburg.