Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

15. November Elftes Kapitel 401 
entfernt, mir zu nützen, im Gegenteil, sie schaden mir, indem sie 
Neid und Eifersucht erwecken, die sich dann nicht zu verbergen wissen. 
Wenn es aber einen schlechten Platz giebt, einen Ort, wo das ge— 
meinsame Strohlager ganz besonders schmutzig ist, oder wo es un— 
aufhörlich hineinregnet, so ist es beinahe immer der, der mir unter 
dem Vorgeben zugewiesen wird, man dürfe mich nicht begünstigen. 
Trotzdem läßt mich das Gefühl der Pflicht über alle diese Ver— 
drießlichkeiten hinwegsehen. Was mir am meisten widersteht, ist die 
Verpflichtung, die Wache im Innern der Stadt in der Nähe von 
Pulvermühlen zu beziehen. Mir kommts vor, als ob das Sache 
der neuen Stadtsergeanten wäre, die beiläufig nichts thun, aus 
Furcht, die heitere Ruhe der Bürger zu stören. 
Neulich ging ich früh sechs Uhr bei eisigem Nebel zum Exer— 
zieren im Feuer nach dem Polygon von Vincennes; den Tag darauf 
mußte ich abermals schon um fünf Uhr aufstehen, um mich auf die 
Mairie zu begeben, wo mein Hausmann zum Korporal gewählt 
werden sollte. Endlich hatten wir am 29. Oktober 27 Stunden 
Wachtdienst im Zirkus der Kaiserin, der in eine Patronenfabrik ver— 
wandelt worden ist. Ich dachte mich nun ein wenig ausruhen zu 
können, als plötzlich am Abend des 31. die Alarmtrommel erschallte 
und ich meine Uniform wieder anziehen mußte, um nach dem Stadt— 
hause zu gehen. Hier blieben wir von zehn Uhr abends bis zur 
fünften Morgenstunde. Ich meinesteils befand mich gerade vor der 
berühmten Thür, die die Mobilen einzuschlagen versucht haben, und 
etwa fünfzig Schritte von ihr entfernt. Wenn es ihnen gelungen 
wäre, so würde es an dieser Stelle ganz entschieden einen Kampf 
gegeben haben, und ich würde ohne Zweifel bei der ersten Salve 
getroffen worden sein. Glücklicherweise fand man Mittel, durch ein 
Souterrain ins Stadthaus einzudringen, und wir verließen es auf 
demselben Wege, wobei uns ein Dutzend Kugeln nachgeschickt wurden, 
von denen aber niemand getroffen wurde. Immer wird unser Ba— 
taillon auf die Tagesordnung gesetzt: es ist das 4., das deinen 
Kollegen M. zum Kommandanten hat. Ich bin glücklich, diesem 
Tage, der in der Geschichte einst berühmt sein wird, beigewohnt 
und zu seinem glücklichen Ausgange beigetragen zu haben.1 
  
1 Siehe oben unter dem 4. November. 
Busch, Tagebuchblätter 1. 26
	        
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