Zwölftes Kapitel
Steigende Sehnsucht nach der Enkscheidung
in verschiednen Richtungen
M die Mitte des November schrieb ich nach Hause: „Daß wir
noch vor Weihnachten heimkommen, ist immer noch möglich.
Manche halten es nach Außerungen, die der König in diesen Tagen
gethan haben soll, für wahrscheinlich. Ich indes glaube nicht recht
daran, obwohl es mit unfrer Sache gut steht, und Paris in drei
oder vier Wochen wahrscheinlich nur noch Mehl und Pferdefleisch
zu essen haben und so wohl gezwungen sein wird, klein beizugeben,
besonders wenn die dicken Kanonen Hindersins der durch Hunger
mürbe gemachten Regierung zu raschern Entschlüssen verhelfen.
Daß unser guter Freund Julian Schmidt die Geschichte langweilig
findet, ist begreiflich. Aber der Krieg wird doch eigentlich nicht
deshalb geführt, um ihm und Gleichdenkenden zur Kurzweil zu
dienen. So wird er recht thun, wenn er sich noch eine Weile in
Geduld faßt, wozu ich ihm das Beispiel unfrer Soldaten empfehle,
die nicht wie er und andre Herrschaften in Berlin auf bequemem
Sofa und bei vollen Schüsseln und Gläsern, sondern in Hunger
und Schmutz die Entscheidung abwarten müssen. Diese allweisen
Bierbänke und Weinstuben mit ihrer ewig murrenden und nörgelnden
Kritik sind doch eine eigne Gesellschaft, lächerlich ungenügsam.“
Darin lag ohne Zweifel einiges Wahre. Als sich aber die
Pariser für längere Zeit verproviantiert zeigten, als hier ange-
nommen worden war, als die dicken Kanonen General Hindersins
noch wochenlang stumm blieben, und als auch die deutsche Frage
der gewünschten Lösung nicht entgegenrücken zu wollen schien, da
zog allmählich auch in das Haus auf der Rue de Provence Ver-
stimmung ein, zumal da die Gerüchte, daß unberufne Hände den
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