14 Erstes Kapitel 11. März
11. März. Der Graf wünscht, daß gegen einen Artikel der
Nationalzeitung polemisiert werde. Es soll gesagt werden: „Die
liberalen Herren in den Parlamenten identifizieren sich immer mit
dem Volke. Sie behaupten wie Ludwig XIV.: L'état c'est moi!
das Volk sind wir. Eine absurdere Überhebung und übertreibung
(der Repräsentativverfassung) ist wohl noch nicht erhört worden. Als
ob die andern, die Konservativen, die auf dem Lande und alle die
vielen, die nicht zu den Parteien gehören, nicht auch das Volk
wären und Meinungen und Interessen hätten, die berücksichtigt sein
wollen.“
Abends. Der Minister bemerkt, indem er an eine Äußerung
der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung anknüpft: „Man macht viel
Aufhebens von dem entschiednen Auftreten Beusts gegen die Kurie.
Er soll, wie Braß hier meldet, sich gegen deren jüngstes Vorgehn
auf schriftlichem Wege sehr nachdrücklich ausgesprochen haben, und
zwar in einer Note, die der Gesandte dem Staatssekretär vorgelesen
habe. Das muß widerlegt werden — abgeschwächt. Fassen Sie
es in eine römische Korrespondenz für die Kölnische Zeitung. Sagen
Sie: Wir wissen nicht, ob die durch die Blätter gehende, zuerst von
der Times gebrachte Analyse der betreffenden Depesche richtig ist,)
haben aber allen Grund, daran zu zweifeln. Trautmannsdorff hat
gar keine Note verlesen, auch keinen Auftrag zu einer bestimmten
Erklärung gehabt, sondern nach seiner individuellen ÜUberzeugung —
und man weiß, daß er sehr kirchlich ist und nichts weniger als
radikale Maßregeln will. Er hat dem Kardinal Antonelli aus der
ihm von Wien zugekommnen Information mitgeteilt, was ihm
passend schien, und das gewiß in so rücksichtsvollen Ausdrücken wie
nur möglich. Das wird durchaus nicht entschieden geklungen haben."
Später. Es soll, zunächst in einem Blatte, das der Re-
gierung fern steht, auf den langen Aufenthalt des Erzherzogs
Albrecht in Paris als auf ein bedenkliches Symptom hingewiesen
und bemerkt werden, in London knüpften sich daran Gerüchte von
*) Es sollte darin die Wendung vorgekommen sein, Rom solle sich hüten,
der zivilisierten Welt den Fehdehandschuh hinzuwerfen, und die österreichischen
Gerichtshöfe würden sich, was auch die Kirche anbefehlen möge, nicht zu nach-
sichtiger Beurteilung derjenigen bestimmen lassen, die die Gesetze brächen oder
andre zu deren Verletzung aushetzten.