Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

16 Erstes Kapitel 21. März 
angestrengte Thätigkeit. Darauf muß ihnen geantwortet werden. 
Es ist wahr, allerdings haben die Herren viel zu thun, aber die 
Minister sind noch übler daran. Die haben außer ihrer Thätigkeit 
im Landtage und im Reichstage noch zahlreiche andre Geschäfte für 
König und Land, während die Abgeordneten sitzen, und auch wenn 
sie nicht beisammen sind. Ubrigens läßt sich der Überhäufung ab- 
helfen. Sie brauchen sich nur, soweit sie nicht dem Herrenhause 
angehören, nicht zugleich in den Landtag und in den Reichstag 
wählen zu lassen, so haben sie genügende Erleichterung. Man kann 
sie ja nicht zwingen, beide Mandate anzunehmen."“ 
21. März. Ich soll in den offiziösen Blättern darauf hin- 
weisen, daß der Reichstag das Strafgesetzbuch viel zu minutiös und 
zu langsam berät. „Die Redner — bemerkte der Graf — ent- 
wickeln zu viel Redebedürfnis, gehen zu sehr in Details ein, treiben 
Silbenstecherei und Federchenabsucherei. Die Vorlagen werden, wenn 
das so fortgeht, in dieser Session nicht erledigt werden, zumal noch 
das Budget durchberaten werden muß. Es wäre nicht unangebracht, 
wenn das Präsidium eine strengere Kritik übte und Haarspalterei 
nicht zuließe. Eine andre unerfreuliche Bemerkung ist, daß immer 
so viele Abgeordnete in den Sitzungen fehlen. Es wird gut sein, 
wenn unfre Blätter regelmäßig Listen von den Säumigen bringen, 
und ich möchte Sie bitten, das zu veranlassen." 
Später nochmals hinaufgerufen, erhielt ich Auftrag, in der 
Presse über die Stellung Preußens zu den Prälaten aufzuklären, 
die in Rom der Kurie opponierten. „Von den Zeitungen wird 
— so äußerte sich der Kanzler — das Verlangen gestellt, wir, die 
Regierung, sollen die deutschen Bischöfe auf dem Konzil unter- 
stützen. Fragen Sie doch, ob man sich denn klar gemacht habe, wie 
das anzufangen sei. Soll Preußen etwa eine Note an das Konzil 
richten, oder an Antonelli, den päpstlichen Minister, der gar nicht 
zum Konzil gehört? Oder soll es sich bei dieser Prälatenversamm- 
lung vertreten lassen und — natürlich fruchtlos — gegen das pro- 
testieren, was ihm nicht gefällt? Es wird die Bischöfe nicht fallen 
lassen, die sich nicht unterkriegen lassen wollen, aber an denen ists 
in erster Linie, fest zu bleiben. Wir können keine Präventiv= 
maßregeln ergreifen, da sie nichts nutzen würden, wohl aber Re- 
pressivmaßregeln, falls die Entscheidung der Versammlung gegen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.