Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

436 Zwölftes Kapitel 27. November 
habe ich nie gezweifelt. Aber daß sie sich so rasch entschließen 
würden, hätte ich doch nicht gehofft.“!1 
Darauf war vom Totschießen verräterischer Afrikaner die Rede, 
nachdem Holnstein erzählt hatte, ein Schuster in München, von 
dessen Fenstern aus man den Zug der gefangen dort eingebrachten 
Turkos gut habe sehen können, habe an Entree viel Geld ein- 
genommen und 79 Gulden an die Kasse für die Blessierten abgeliefert. 
Selbst aus Wien wären zu diesem Feste zahlreiche Zuschauer erschienen. 
Chef: „Daß sie diese Schwarzen überhaupt gefangen genommen 
haben, war wider die Abrede.“ 
Holnstein: „Ich glaube auch, daß sies jetzt nicht mehr thun.“ 
Chef: „Mit meinem Willen kommt jeder Soldat in Arrest, der 
einen solchen Burschen gefangen nimmt und abliefert. Das ist Raub- 
zeug, das muß abgeschossen werden. Der Fuchs hat doch die Ent- 
schuldigung, daß es ihm so zur Natur ist, aber die — es ist die 
scheußlichste Unmatur. Sie haben unfre Soldaten auf die schänd- 
lichste Weise zu Tode gequält.“ — — — 
Nach dem Essen, wo wie immer geraucht wurde, ließ der 
Minister eine große und schwere, aber vorzügliche Cigarre herum- 
gehen, indem er sagte: Pass the bottle. Die dankbare Mitwelt 
scheint ihn in der letzten Zeit besonders reichlich mit Cigarren ver- 
sorgt zu haben, auf seiner Kommode steht Kistchen an Kistchen mit 
weeds; er hat also, gottlob! genug von dem, was ihm in der Art 
Freude macht. 
Löwinsohn bringt abends die Nachricht, daß Home abgereist ist, 
wenn ich recht verstand, gestern schon. Er hat sich aber den Moniteur 
nach London nachschicken lassen, indem er sich für einen Monat auf 
das Blatt abonniert hat. Vielleicht gehört dies und die ganze 
Reise ins Hauptquartier nur zu seinem Geister= und Gespenster- 
hokuspokus. Verdächtig scheint aber wieder, daß dieser Cagliostro 
aus dem Yankeelande angefragt hat, ob er den in einem der Luft- 
ballons ertappten Sohn Worths, des großen Schneiders in Paris, 
  
1 Graf Holnstein kam in besondrer Sendung vom König Ludwig und über- 
brachte dann diesem ein Schreiben des Kanzlers vom 27. November mit Vor- 
schlägen über den Kaisertitel, G. u. E. I, 353 ff., vgl. II, 117 ff. K. Friedrichs 
Tagebuch vom 25. November.
	        
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