Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

442 Dreizehntes Kapitel 28. November 
bewilligt habe, und zwar gegen die Stimmen von acht Sozialdemo- 
kraten, sodann, daß Manteuffel Amiens besetzt habe. 1 Später wurden 
nach Anweisung des Chefs mehrere Artikel gemacht, darunter einer 
für Braß, der das genügsame Verhalten des Kanzlers bei den Ver- 
handlungen mit Bayern als von der Billigkeit und nicht minder von 
der Klugheit eingegeben verteidigte. Es kommt, sagte ich darin, nicht 
so sehr auf das oder jenes wünschenswerte Zugeständnis von seiten 
der Münchner an, als darauf, daß die süddeutschen Staaten sich in 
dem neuen deutschen Gesamtorganismus wohl fühlen. Ein Drängen 
oder Zwingen zu mehr Einräumungen wäre Undankbarkeit und, da 
sie ihre patriotische Pflicht erfüllt haben, mehr als das; vor allem 
aber würde ein solches anspruchsvolleres Auftreten gegen unfre Ver- 
bündeten unpolitisch sein. Denn die Unzufriedenheit, die ein solcher 
Zwang im Gefolge haben würde, wäre von weit größerer Bedeutung 
als ein halb Dutzend uns günstigere Paragraphen eines Vertrags; 
sie würde sehr bald den Neutralen, Osterreich u. dergl., die Lücke 
zeigen, wo der Keil angesetzt werden könnte, mit dem die so zustande 
gekommne Einheit zu lockern und schließlich zu zerstören wäre. 
Beim Essen hatte ich Bucher gefragt, ob es nicht gut sein 
würde, wenn ich den Chef um Erlaubnis bäte, die eigentliche Ur- 
sache des Unterbleibens der Beschießung von Paris in der Presse 
anzudeuten. Er bejahte es und setzte hinzu: „Ich selbst habe in 
öffentlichen Blättern Augusta schon heftig angegriffen.“ Als der 
Kanzler mich nun heute abend holen ließ, um mir zu sagen, ich 
möge Namczanowskis (des katholischen Feldpropstes) Brief an den 
Bischof Mermillod von Genf“) in den Moniteur Offüciel bringen, 
sagte ich: „Exzellenz erlauben mir eine Anfrage. Würden Sie mirs 
verbieten, wenn ich die Absicht hätte, auf Umwegen und in nicht 
offiziösen Blättern Mitteilung über die Ursachen der Verzögerung des 
Bombardements zu machen, wie sie wiederholt bei Tische besprochen 
worden sind?“ 
Er besann sich einen Augenblick, dann sagte er: „Thun Sie, 
was Sie wollen.“" 
  
* Am 28. November. 
*) Worin die Behauptung, die französischen Gefangnen in Deutschland würden 
arg vernachlässigt, widerlegt war.
	        
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