Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

450 Dreizehntes Kapitel 30. November 
noch kleiner werden, und von den Nationalliberalen werden auch 
einige nicht wiederkommen. Aber die Verträge kommen dann jetzt 
nicht zustande, Bayern besinnt sich, Beust steckt seinen Stift hinein, 
und was dann wird, wissen wir nicht. Hinreisen kann ich nicht 
gut. Es ist sehr unbequem und verlangt viel Zeit, und hier bin 
ich wahrhaftig auch nötig.“!1 
Hieran anknüpfend sprach er über den Stand der Dinge im 
Jahre 1848. „Damals lagen die Sachen eine Zeit lang sehr 
günstig für eine Einigung Deutschlands unter Preußen," sagte er. 
„Die kleinen Herren waren größtenteils machtlos und ohne Hoffnung. 
Wenn sie nur recht viel Geld für sich hätten retten können, Domänen, 
Apanagen und dergleichen, so hätten sie sich zu allem bereit finden 
lassen. Die Osterreicher hatten mit Ungarn und Italien zu thun. 
Der Kaiser Nikolaus hätte damals noch keinen Einspruch gethan. 
Hätte man vor dem Mai 1849 zugegriffen, Entschlossenheit gezeigt, 
die Kleinen abgefunden, so hätte man wohl auch den Süden gehabt, 
besonders wenn die württembergische und die bayrische Armee sich 
mit der badischen Revolution verbunden hätten, was in diesem 
Stadium der Sache nicht unmöglich war. So aber verlor man die 
Zeit mit Zögern und halben Maßregeln, und so ging die Gelegen- 
heit in die Brüche.“?2 
Gegen elf Uhr kam noch ein Telegramm von Verdy über den 
Ausfall von diesem Morgen an. Derselbe hat sich gegen La Haye 
gerichtet, und es sind bei ihm wieder fünfhundert Rothosen in 
Gefangenschaft geraten. Der Chef bedauerte lebhaft, daß man 
noch Gefangne machen müsse, sie nicht gleich totschießen könne. 
Wir hätten davon mehr als genug, die Pariser aber hätten davon 
den Vorteil, daß sie so viele Esser los würden, die wir füttern 
müßten, und für die wir kaum noch Platz fänden. 
Mittwoch, den 30. November. Früh ausführlich an 
Treitschke geschrieben und ihm die Gründe angegeben, warum man 
  
1 Bismarck beabsichtigte für den Fall der Ablehnung der Verträge durch 
den Reichstag seine Entlassung zu fordern. Der König würde darauf nicht ein- 
gehen und lieber den Reichstag auflösen. Poschinger, Bismarck und die Parla- 
mentarier III, 251. 
2 Ganz ähnlich G. u. E. 1, 40 ff.
	        
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