Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

1. Dezember Dreizehntes Kapitel 459 
Als Saldern im Verlauf seiner Mitteilungen erzählte, einer 
der Franzosen habe nur zehn Schritte vor der von unsern Zünd- 
nadeln verteidigten Barriere gelegen, bemerkte der Minister: „Er 
lag aber doch.“ 
Später gab er Abeken Instruktionen in betreff des Vortrags, 
den er statt seiner dem Könige halten sollte. Der Geheimrat hatte 
Depeschen und Berichte in der Hand, die der Kanzler mit ihm 
durchsah. — „Das geben Sie ihm nicht ohne weiteres — bemerkte 
er von einem Aktenstück —, das müssen Sie ihm erklären, die Ent- 
stehung mitteilen, sonst mißversteht ers. — Den langen Bernstorff 
hier — na, den geben Sie ihm auch. Aber die beiliegenden Zeitungs- 
artikel — die Herren der Botschaft machen sichs bequem, ich habe 
es schon oft gesagt, die müssen übersetzt sein, oder noch besser, 
Analyse davon.“ — „Und sagen Sie Seiner Majestät auch — so 
schloß er —, wenn wir in London (auf der bevorstehenden Kon- 
ferenz zur Revision des Pariser Friedens von 1856) einen Fran- 
zosen zulassen, so sollte das eigentlich nicht sein, da er eine Re- 
gierung vertritt, die von den Mächten nicht anerkannt ist und nicht 
lange existieren wird. Wir können es Rußland zu Gefallen für 
diese Frage thun. Jedenfalls, wenn er von andern Dingen zu 
reden anfängt, so muß er hinaus.“!1 
Der Chef erzählte dann folgenden Vorfall: „Heute, als ich 
bei Roon gewesen war,: machte ich einen Gang, der nützlich sein 
wird. Ich ließ mir im Schlosse die Gemächer Marien Antoinettens 
zeigen, und dann dachte ich: Du sollst doch einmal sehen, was die 
Verwundeten machen. Der Diener, der mich führte, hatte die 
Schlüssel zu allen Thüren, und so ließ ich mich nicht durch den 
Hauptgang hineinbringen, sondern durch eine hintere Thür. Ich 
fragte einen der Wärter: „Haben die Leute denn auch zu leben? 
Na, das wäre nicht viel, so ein bischen Suppe, die Bouillon 
sein sollte, mit Brotschnitten darin und Reiskörnern, die nicht weich 
gekocht wären. Schmalz wäre wenig dabei. — Und wie stehts 
  
1 Vgl. G. u. E. II, 231. 
2 auf eine Bitte, die dieser als sein „sehr verdrießlicher alter Freund“ 
an ihn richtete, mit der „N. S. Mein heutiger Vortrag bei Sr. Majestät war 
überaus unerfreulich,“ natürlich über die Beschießungsfrage. Roon III44, 258f.
	        
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