Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

2. Dezember Dreizehntes Kapitel 467 
nicht wieder hineinlassen, und der Generalstab auch nicht. Da hat 
er sich die Erlaubnis von der Gutmütigkeit des Königs erschlichen. 
Na, es können von ihm noch Dinge an den Tag kommen, die ihm 
in Petersburg den Hals brechen.“ — 
Der Chef sah sich um. „Wo ist denn Krausnik?“ fragte er. 
„Der hat doch nicht vergessen, für den Soldaten das Apfelmus zu 
kaufen, das ich ihm versprach. Er war bloß am Arme verwundet, 
sah aber sehr elend aus und hatte Fieber — vermutlich Eiterung.“ 
Man kam nochmals auf das Spekulieren mit Börsenpapieren 
zu reden, und der Minister stellte wieder in Abrede, daß sich dabei 
mit einem ja immerhin beschränkten Vorauswissen politischer Er- 
eignisse im allgemeinen viel anfangen ließe. Solche Ereignisse 
wirkten erst später auf die Börse, und den Tag, wo das käme, 
könnte man nicht ahnen. „Ja — fuhr er fort —, wenn man durch 
Einfädlung solcher Dinge eine Baisse hervorrufen kann, aber das 
ist doch ehrlos. Gramont hats so gemacht, wie Russell neulich er- 
zählte. Der hat sein Vermögen damit verdoppelt, man kann fast 
sagen, er hat den Krieg zu dem Zwecke gemacht.“ — „Auch Moustier 
trieb solche Geschäfte — nicht für sich, sondern mit dem Vermögen 
seiner Maitresse, und als es herauskommen wollte, vergiftete er 
sich. — Will man in etwas weniger schmutziger Weise seine Stellung 
benutzen, so kann man es so einrichten, daß man sich mit den 
politischen Depeschen die Börsentelegramme schicken läßt, von allen 
Börsen, durch gefällige Beamte bei den Legationen. Die politischen 
gehen beim Telegraphen vor, und so profitiert man zwanzig bis 
dreißig Minuten. Und dann muß man einen schnelllaufenden Juden 
haben, der diesen Vorteil für einen benutzt. Ich weiß Leute, die 
das so gehalten haben.“ — „Auf die Art kann man täglich seine 
fünfzehnhundert bis fünfzehntausend Thaler verdienen, und das giebt 
nach ein paar Jahren ein hübsches Vermögen. Aber unanständig 
bleibt es doch, und mein Sohn soll von seinem Vater nicht sagen, 
daß er ihn so oder auf ähnliche Art zum reichen Manne gemacht 
hat. Er kann auf anderm Wege reich werden, durch Spekulieren 
mit dem, was er hat, durch Holzverkauf, durch eine Heirat oder 
was andres.“ — „Ich stand mich früher, als ich noch nicht Bundes- 
kanzler war, besser als heute. Man hat mich durch die Dotation 
ruiniert. Ich bin seitdem ein genierter Mann. Vorher betrachtete 
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