Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

4. Dezember Dreizehntes Kapitel 475 
handeln kein Ende, während doch wegen der Annexion von Elsaß- 
Lothringen höchst wünschenswert sei, daß die Verträge bald perfekt 
würden. 
Nach zehn Uhr etwa sechs rasch hintereinander fallende Schüsse 
aus einem der Forts, bald nachher noch einige. Die Württem- 
berger sollen sich bei dem großen Ausfall Ducrots nach der Marne 
hin sehr gut geschlagen haben, desgleichen die Sachsen, die bei der 
Gelegenheit einige hundert Gefangne verloren haben. 1 Wir hätten 
achthundert Franzosen zu Gefangnen gemacht. 
Ich gehe nach halb elf Uhr zum Thee hinunter, wo Bismarck- 
Bohlen und Hatzfeldt mit drei Feldjägern sitzen, die auf Befehle 
vom Chef warten. Dieser kommt erst nach einer halben Stunde 
vom Großherzog von Baden zurück. Er schreibt mit Bleistift rasch 
einen Brief an den Oberbefehlshaber des 4. Armeekorps, den darauf 
einer der Feldjäger mitnimmt. Dann erzählt er, der Großherzog 
habe soeben vom Könige die Nachricht erhalten, unfre Leute hätten 
schon den Wald von Orleans hinter sich und stünden dicht vor 
der Stadt. 
Als die andern mit den Feldjägern hinausgegangen waren, 
fragte ich: „Exzellenz, da könnte ich die gute Nachricht wohl gleich 
nach London telegraphieren?“ 
„Ja — sagte er lächelnd —, wenn es der hohe Generalstab 
nur erlaubt, daß wir von den Bewegungen der Armee sprechen.“" 
Er las dann Reutersche Telegramme mit Nachrichten von fran- 
zösischer Seite. Bei dem wahrscheinlich falsch geschriebnen Worte 
tardé bemerkte er: „Das muß ein Sachse telegraphiert haben — 
(mit einem Blick auf mich) verzeihen Sie." 
Die Herren kamen mit Abeken, der beim Könige gewesen war 
und die Ehre gehabt hatte, bei ihm Thee zu trinken, wieder herein. 
Der alte Herr meldete, der König meine, daß es gut sei, dem Kaiser 
von Rußland noch einmal zu schreiben und ihm über die Gor- 
tschakowsche Note die Meinung zu sagen. 
Chef: „Ich meine nicht. Die Sache ist mit Briefen und Tele- 
grammen breit genug getreten jetzt. Sie wissen in Petersburg, was 
  
1 Bei der vorübergehenden Räumung von Brie am Mittag des 2. Dezember 
geriet eine den Rückzug deckende Abteilung des 107. Regiments in Gefangenschaft.
	        
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