28. März Erstes Kapitel 21
28. März. Der Kanzler will, daß ungefähr in folgender
Weise nochmals auf die Konzilsfrage zurückgekommen wird: „Wieder—
holt ist in der Presse das Bedürfnis laut geworden, zu wissen,
welche Stellung Preußen den von der Mehrheit des Konzils ver—
folgten Tendenzen gegenüber einnehmen werde, und man hat in
betreff dessen verschiedne Vorschläge gehört. Unsrer Meinung nach
ist die Antwort auf jene Frage in der Eigenschaft Preußens als
protestantischer Macht gegeben. Preußen muß als solche die Ini—
tiative in dieser Angelegenheit den katholischen Regierungen über—
lassen, die in erster Linie bedroht sind. Wollen diese sie nicht er—
greifen, so fragt sichs weiter: welche Stellung werden die Bischöfe
der Minorität einnehmen, und das wird die nächste Zukunft be—
antworten. Entschließen sich die katholischen Mächte zu Schritten
gegen die Tendenzen der Mehrheit des Konzils, so sollte Preußen
diesen Schritten beitreten, falls es sie in Übereinstimmung mit dem
Interesse seiner katholischen Unterthanen findet. Sich in erster Linie
in die Bresche zu stürzen, hat es unter allen Staaten die wenigste
Verpflichtung. Der einzige Weg, der sich empfiehlt, ist, daß es sich
enthält, im eignen Namen sich an den päpstlichen Stuhl oder sein
Konzil zu wenden, dagegen kräftig jedem Versuch an die Seite tritt,
der von katholischen Elementen — Regierungen oder Bischöfen —
in der Absicht unternommen wird, die Verfassung der katholischen
Kirche vor Rechtsbrüchen und den kirchlichen und staatlichen Frieden
vor Störung zu beschützen. Also noch einmal: preußischerseits muß
man zunächst entweder in erster Linie die katholischen Mächte oder
eine derselben oder die Bischöfe der Opposition handeln lassen.
Wahren die letztern die Verfassung ihrer Kirche, das bischöfliche
Recht und den Frieden zwischen Staat und Kirche durch uner—
schrocknen und unwandelbaren Einspruch gegen die Zumutungen
der ultramontanen Partei auf dem Konzile, so steht zuversichtlich
sich dabei in sehr bezeichnender Weise, indem er sagte, die bis jetzt geltenden
Gesetze ermächtigten die Regierung nur, die Aufreizung zu hochverräterischen
Handlungen zu bestrafen; es käme aber jetzt darauf an, auch solche Versuche der
Presse zu ahnden, die „das Volk in hochverräterische Gemütsverfassung“ (trea-
Sonable state of mind) zu versetzen geeignet wären. Das einzige Zugeständnis
der Regierung bestand darin, daß die angedrohten strengen Maßregeln erst nach
einer vorgängigen Verwarnung (bloß einer) eintreten sollten.