Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

482 Dreizehntes Kapitel 5. Dezember 
Ansprüche auf Geltung über sein Vermögen, schickt sich an, Welt- 
macht zu spielen, wirft, wie das Ebenbild für Pferdeställe und 
Diamanten, für Mobilmachungen Millionen hinaus, und so sinkt 
man immer tiefer in die finanzielle Not hinein. Statt daß man 
durch verständige Wirtschaft und bei bescheidnen Ansprüchen auf 
Geltung dahin gelangte, endlich einmal seine Gläubiger konstant be- 
friedigen zu können, rückt man jahraus jahrein dem Bankerott 
näher, der seit langem schon nur eine Frage der Zeit ist."“ 
Das waren nahezu wörtlich die Ausführungen des Chefs. 
Der zweite Artikel wies, an eine Notiz in der Indépendance 
Belge anknüpfend, nach, wie der Umstand, daß die Orleans durch 
den Herzog von Alencon mit dem Hause Habsburg-Lothringen 
verwandt seien, uns Deutsche nicht veranlassen könne, sie zu bevor- 
zugen oder mit besonders günstigen Augen anzusehen. Es hieß da 
ungefähr: Bekanntlich haben die Prinzen vom Hause Orleans, als 
sie sich zur Teilnahme am Kampf gegen uns meldeten, von Trochu 
eine abschlägige Antwort erhalten. Jetzt berichtet uns die Indépen- 
dance, daß der Herzog von Alencon, der zweite Sohn des Herzogs 
von Nemours, der sich damals dem Schritte seiner Oheime und 
Vettern wegen Krankheit nicht habe anschließen können, nunmehr in 
gleicher Richtung sein Heil versuchen wolle, und setzt bedeutsam 
hinzu: „Man weiß, daß der Herzog von Alengon mit einer Schwester 
der Kaiserin von Osterreich vermählt ist.“ — Wir verstehen den 
Wink und glauben ihn im Sinne der deutschen Politik zu beant- 
worten, wenn wir folgendes darauf erwidern. Die Orleans sind 
uns ganz genau ebenso feindlich gesinnt wie die übrigen Dynastien, 
die nach der Krone Frankreichs angeln. Ihre Presse strotzt von 
Lügen und Schmähungen gegen uns. Der schöne Lobgesang auf 
die meuchelmörderischen Franctireurs, den der Herzog von Joinville 
nach der Schlacht bei Wörth anstimmte, ist bei uns unvergessen. 
Uns kann in Frankreich nur die Regierung angenehm sein, die uns 
am wenigsten schaden kann, weil sie am meisten mit sich selbst und 
der Aufgabe zu thun hat, sich den Nebenbuhlern gegenüber zu 
behaupten. Sonst sind uns Orleanisten, Legitimisten, Imperialisten 
und Republikaner gleich viel oder gleich wenig wert. Und was 
den Wink mit der österreichischen Verwandtschaft betrifft, so möge 
man sich vorsehen, wie wir selber uns nach dieser Seite hin vor-
	        
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