Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

7. Dezember Vierzehntes Kapitel 491 
nach dem Schloßhofe, wo unter den Augen des Reiterstandbildes 
Ludwigs des Vierzehnten und dicht unter der Firma: Toutes les 
gloires de la France, so recht wie eine ironische Glosse zu diesen 
Außerungen gallischer Einbildung und Großthuerei, vierzehn Stück 
von den bei Orleans erbeuteten Bronzegeschützen aufgestellt sind. 
Es sind teils Zwölf= teils Vierpfünder, dahinter stehen die dazu 
gehörigen Protzen und Munitionskarren. Die französischen Ge- 
schütze haben Eigennamen. So heißt eine von diesen Le Bayard, 
eine andre Le Lauzun, eine dritte Le Boucheron, während andre 
Le Maxant, Le Rapace, Le Brise-Tout oder mit ähnlichen 
fürchterlichen Namen getauft sind. An mehrere ist gekritzelt, daß 
das 4. Husarenregiment sie erobert hat. 
Beim Diner sind die Grafen Holnstein und Lehndorff zugegen. 
Wir trinken wieder von dem schönen Deidesheimer. Der Chef kommt 
u. a. auf Frankfurter Erinnerungen zu sprechen. „Mit Thun war 
auszukommen, sagte er. „Der war ein anständiger Mensch.1 Rechberg 
war im ganzen auch nicht übel, wenigstens persönlich ehrlich, wenn auch 
sehr heftig und aufbrausend — einer von den hitzigen Hochblonden,“ 
über die er sich dann weiter verbreitet. „Als österreichischer Diplo- 
mat damaliger Schule freilich durfte ers mit der Wahrheit nicht 
genau nehmen. So erinnere ich mich — einmal erhielt er eine 
Depesche, in der er angewiesen wurde, mit uns die besten Be- 
ziehungen zu pflegen und das zu unterstützen, was wir beantragten, 
zu gleicher Zeit aber eine andre, in der das strikte Gegenteil 
von ihm verlangt wurde. Nun kam ich zufällig zu ihm, und aus 
Versehen gab er mir die zweite zu lesen. Ich merkte bald, was 
sie enthielt, und las sie ganz durch. Dann hielt ich sie ihm wieder 
hin und sagte: „Verzeihen Sie. Sie haben mir die falsche gegeben.“ 
Er war sehr verblüfft. Ich aber tröstete ihn, ich werde aus seinem 
Vergreifen keinen Nutzen ziehen und es nur zu meiner persönlichen 
Information behalten.““ — „Der dritte aber, Prokesch, war gar 
nicht mein Mann. Der hatte aus dem Orient die niederträchtigsten 
Intriguen mitgebracht. Der wußte nichts von Ehre und Wahrheit. 
  
1 Vgl. die Briefe an L. von Gerlach vom 22. Juni 1851, und vom 
4. Dezember 1852, Bismarcks Briefe an L. von Gerlach, herausgegeben von 
H. Kohl 4 und 44. 
* Etwas weniger zugespitzt in den G. u. E. I, 332.
	        
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