Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

7. Dezember Vierzehntes Kapitel 493 
durchgebracht worden seien, und daß es dabei zu Unordnungen und 
Unfug gekommen sei, indem sich Zivilisten, besonders Weiber, unter 
die Leute gedrängt hätten, sodaß die Eskorte in der Notwendigkeit 
gewesen wäre, von den Kolben Gebrauch zu machen. 
Dann erzählte er: „Als ich vorgestern beim Könige war, 
fragte er mich: »Wissen Sie nun wohl, auf welchem Wege wir 
nach Paris kommen?« — Ich antwortete: »Nein, Majestät.« — 
Als er sich zu einem andern gewandt hatte, sagte Werder, der dabei 
gestanden hatte: »Ei, so hätten Sie doch geantwortet: Auf dem 
Wege der Beschießung.“ — »Werde mich wohl hüten,« erwiderte 
ich. — »Aber warum denn? Er will es jetzt ja,« sagte Werder.“ 
„Das ist richtig,“ bemerkte Keudell zu dieser Mitteilung. „Er 
will es jetzt wirklich, und es ist Hoffnung, daß es dazu kommt. 
Die Immediatvorstellung (des Chefs) von voriger Woche hat doch 
gewirkt, und Moltke will auch.“!1 
  
1 Roon vom 8. Dezember, III/4, 261: „Nun endlich ist man auf meine 
Vorschläge — freilich acht Wochen zu spät — eingegangen und hat die Weg- 
räumung der vermeintlichen und selbst gemachten Hindernisse so ziemlich in meine 
Hand gelegt — eigentlich erst vorgestern —, sodaß nun bloß noch eine absehbare 
Frist bis zum Beginn der Beschießung verstreichen wird.“ S. 262 vom 10. De- 
zember: „Inzwischen sind die Aussichten auf den lange verschobnen Artillerie- 
angriff immer noch weitaussehend, und die Lust zum Knacken dieser harten Nuß 
scheint in gewissen Kreisen noch immer — Unlust zu sein.“ Bismarck wies damals 
die Summen an, um den Transport der Geschütze und der Munition zu be- 
streiten, und wurde darin besonders vom Prinzen Krafft zu Hohenlohe-Ingel- 
fingen unterstützt, G. u. E. II, 112 ff. Wilmowski vom 8. Dezember, S. 76: 
„Bis zum 19. hofft man alle Munition zur Beschießung hier zu haben. Sollte 
bis dahin die Kapitulation nicht erfolgt sein, dann wird wohl der Widerstand 
des Oberkommandos der dritten Armee gegen das Andrängen von Bismarck, 
des Kriegsministers und des Artilleriekommandos kaum mehr stand halten.“ 
Blumenthal, Generalstabschef des Kronprinzen, war ein „großer Widersacher des 
Bombardements,“ a. a. O. 77. Noch am 14. Dezember verfaßte Verdy eine 
Denkschrift gegen die Beschießung oder vielmehr zur Rechtfertigung des Aufschubs, 
177 ff. „Der König wird verstimmt, wenn man nur davon anfängt; er treibt 
unausgesetzt und Bismarck wenn möglich noch mehr,“ Wilmowski vom 14. De- 
zember, S. 77. — Selbst Abeken, der sich immer sehr zurückhaltend äußert, 
verrät Unzufriedenheit mit der Verzögerung und mit ihren geheimen Ursachen, 
461 vom 7. Dezember. Roon faßt am 6. Januar 1871 seine Beobachtungen 
über die Stellung des Königs zu der Frage so zusammen: „Es ist ein Irrtum, 
wenn man gemeint haben sollte, als wäre der König gegen die Beschießung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.