Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

31. März, 1. April Erstes Kapitel 23 
Majorität ganz über. Kardinal Capalti unterbricht den Redner. 
Die Versammlung tobt wie ein Orkan. Nach viertelstündigem 
Wortkampf zwischen dem Redner auf dem Ambo und dem Legaten 
räumt Stroßmayer mit den dreimal wiederholten Worten: protestor — 
prot — prote — non est concilium! das Feld. Merkwürdig ist, daß 
heute eine Kongregation stattgefunden hat, in der der Bischof 
von Halifax und andre sich in gleicher Weise wie Stroßmayer aus- 
gesprochen haben sollen, und daß man sie ruhig sprechen ließ. Es 
scheint also, daß der Sturm gegen den Bischof von Bosnien das 
Manöver einer Parteitaktik ist, die den Zweck verfolgt, den be- 
deutendsten der oppositionellen Kirchenfürsten zu ruinieren.“ 
3 1. März. Ich soll Zitelmann (Regierungsrat im Staats- 
ministerium, der hier für Preßangelegenheiten thätig ist) im Auf- 
trage des Chefs darauf aufmerksam machen, daß die Zeitungs- 
ausschnitte, die aus seinem Büreau (durch die Hände des Ministers) 
an den König gehen, besser gesichtet und geordnet sein sollten. 
„Was sich für ihn eignet, muß getrennt von dem aufgeklebt werden, 
was sich für ihn nicht eignet. Alle solche partikularistischen Lügen 
und Dummheiten, wie hier Kiel, den 25., und Kassel, den 28., 
gehören in das letztere Kapitel und dürfen ihm nicht vor die Augen 
kommen. Wenn der so was sieht, schwarz auf weiß, denkt er, s ist 
wahr. Der kennt ja den Charakter des Blattes nicht." 
Es soll mit Bezug auf eine Notiz, die sich in einer vom 
Minister mir nicht genannten Zeitung findet, in die Presse gebracht 
werden, daß es bekannte Thatsache sei, daß Howard, der englische 
Gesandte in München, obwohl mit einer preußischen Schulenburg 
verheiratet und im Widerspruche mit der Gesinnung seiner Regierung 
eine entschieden antipreußische, „man kann sagen, nicht sowohl 
österreichische als vielmehr welfische Politik treibt.“ Er war bis 
zu den Ereignissen des Sommers von 1866 Gesandter in Hannover. 
1. April. Geburtstag des Ministers. Als ich abends zu 
ihm gerufen wurde, war es oben ganz voll von Blumengeruch. Er 
saß gestiefelt und gespornt auf dem Sofa, rauchte eine Cigarre und las 
Zeitungsausschnitte. Nachdem er mir seinen Auftrag erteilt hatte, 
gratulierte ich ihm, und er dankte, indem er mir die Hand gab. 
„Ich hoffe — sagte er —, daß wir noch recht lange zusammen- 
bleiben werden."“
	        
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