Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

14. Dezember Vierzehntes Kapitel 523 
wo alle Zweige der Familie besondre Gemächer hätten, dann in 
einem andern alten Schlosse in Pommern, in dem früher alle 
Dewitze Wohnungsrecht gehabt hätten, das jetzt aber eine malerische 
Ruine sei, nachdem es eine Zeit lang von den Bürgern des be- 
nachbarten Städtchens als Steinbruch benutzt worden, dann wieder 
bei einem Gutsbesitzer, der auf eigentümliche Weise zu Gelde ge- 
kommen sei. „Er war immer in Not und Verlegenheit gewesen, 
und gerade als ihm einmal die Not bis an den Hals gestiegen 
war, kamen ihm die Raupen in seinen Forst, dann entstand ein 
Waldbrand, und zuletzt trat noch ein Windbruch hinzu. Er war 
sehr unglücklich und hielt sich für bankerott. Das Holz mußte ver- 
kauft werden, und siehe da, er bekam eine schwere Menge Geld 
dafür — fünfzig= bis sechzigtausend Thaler —, und so war ihm 
auf einmal geholfen. Er hatte gar nicht daran gedacht, daß er 
das Holz schlagen lassen konnte.“ 
Daran knüpfte der Chef Bemerkungen über einen andern 
wunderlichen Herrn, der sein Nachbar gewesen sei. „Er hatte zehn 
oder zwölf Güter, aber niemals bares Geld und oft Lust, welches 
anzubringen. So verkaufte er, wenn er einmal ein ordent- 
liches Frühstück gab, gewöhnlich eins von den Gütern. Zu-etzt 
behielt er nur eins oder zwei übrig. Das eine von den andern 
kauften ihm seine Bauern ab — für fünfunddreißigtausend Thaler. 
Sie zahlten ihm fünftausend Thaler an und verkauften gleich darauf 
für zweiundzwanzigtausend Thaler Schiffsbauholz, woran er natürlich 
nicht gedacht hatte." 
Er erwähnte dann der Hartschiere in München, die ihm durch 
ihre Größe und ihr sonstiges Wesen imponiert hätten, auch vor- 
zügliche Bierkenner sein sollten. 
Zuletzt war die Rede davon, daß sein Sohn, Graf Bill, als 
der erste Deutsche in Rouen eingeritten war. Jemand äußerte, er 
werde den Bewohnern dieser Stadt durch sein Aussehen den über- 
zeugenden Beweis geführt haben, daß es unsern Truppen bisher 
nicht an guter Verpflegung gefehlt habe, worauf der Kanzler wieder 
auf die Stärke seiner „Jungen“ kam. „Sie haben für ihr Alter 
ungewöhnlich viel Kraft — bemerkte er —, obwohl sie nicht ge- 
turnt haben. Sehr gegen meinen Wunsch nicht; aber es wollte sich 
für die Söhne eines Diplomaten nicht passen.“
	        
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