Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

530 Fünfzehntes Kapitel 16. Dezember 
sei, deren Ausplünderung sich der Mühe verlohne? Kann er ein ein— 
ziges verbürgtes Beispiel anführen, daß von unsern Soldaten Greuel— 
thaten begangen worden sind, wie sie von den Turkos und den 
Freischaren der Franzosen an ihnen verübt wurden? Haben unsre 
Truppen ihren lebenden und toten Gegnern Nasen und Ohren ab— 
geschnitten, wie die Franzosen am 30. November zu Coulours den 
deutschen Soldaten? Als am 11. Dezember in Lille achthundert 
deutsche Gefangne eingebracht werden sollten, trafen deren nur zwei— 
hundert ein. Viele davon waren schwer verwundet, aber statt ihnen 
Hilfe angedeihen zu lassen, warf sie das Volk mit Schneebällen und 
schrie, man solle ihnen die Bajonette durch den Leib rennen. Un— 
erhört ist es, wie oft die Franzosen auf Parlamentäre geschossen 
haben, fast unglaublich klingt, aber wohl verbürgt ist nachstehendes 
Vorkommnis. Am 2. Dezember schrieb der Vizefeldwebel Steinmetz 
von Villers an seinen Leutnant in Mirecourt auf ausdrückliches 
Verlangen eines Offiziers der Garibaldianer einen Brief, worin er 
ihm anzeigte, wenn unsre Truppen sich gegen Vittel oder andre 
Orte der Umgegend Repressalien erlaubten, so werde man den 
vierzehn bei einem Überfall in die Hände der Freischärler gefallnen 
Preußen die Ohren abschneiden. 
Wir haben Freischärler in manchen Fällen nicht als Soldaten 
behandelt, aber nur, wo sie sich nicht als solche betrugen, wo sie 
nach den Grundsätzen verfuhren, die der Präfekt Luce Villard am 
21. November durch die Maires dem Landvolke des Departements 
Cote d'Or empfohlen hat, wenn er ihnen sagte: „Das Vaterland 
fordert von euch nicht, daß ihr euch massenhaft versammelt und dem 
Feinde offen entgegentretet. Es erwartet von euch, daß drei oder 
vier entschlossene Männer jeden Morgen von den Gemeinden aus- 
ziehen und sich an einem durch die Natur selbst bezeichneten Orte 
aufstellen, von dem aus sie ohne Gefahr auf die Preußen schießen 
können. Vor allen Dingen müssen sie auf feindliche Reiter schießen, 
deren Pferde sie an dem Hauptorte des Arrondissements abzuliefern 
haben. Ich werde ihnen eine Prämie erteilen (bezahlter Meuchel- 
mord also) und ihre heldenmütige That in allen Zeitungen des 
Departements und im Journal Ofticiel bekannt machen lassen.“ 
Wir haben offne Städte beschossen, z. B. Orleans, aber sollte 
es Herrn de Chaudordy nicht bekannt sein, daß diese Städte vom
	        
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