Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

16. Dezember Fünfzehntes Kapitel 531 
Feinde besetzt waren? Und hat er vergessen, daß die Franzosen die 
offnen Städte Saarbrücken und Kehl bombardiert haben? Was 
endlich die Geiseln anlangt, die unsre Eisenbahnzüge begleiten 
mußten, so wurden sie mitgenommen, nicht um französischen Helden- 
thaten ein Hindernis zu sein, sondern um heimtückische Verbrechen 
unmöglich zu machen. Die Eisenbahnen befördern nicht bloß Sol- 
daten, Waffen, Munition und andern Kriegsbedarf, sie sind nicht 
bloß ein Kriegsmittel, dem man mit andern Gewaltmitteln entgegen- 
treten darf. Auf ihnen fahren auch Massen von Verwundeten, 
Arzte, Krankenpfleger und andre Personen durchaus harmloser Art. 
Soll es nun dem ersten besten Bauern, soll es den Freischaren er- 
laubt sein, durch Aufreißen der Schienen oder Belegung der Schienen 
mit Steinen Hunderte solcher Personen zu gefährden? Man sorge 
französischerseits dafür, daß die Sicherheit der Eisenbahnzüge nicht 
mehr bedroht wird, und die Geiseln werden fortan bloße Spazier- 
fahrten machen, oder man wird davon absehen können, durch Mit- 
nahme solcher Personen deutscherseits die Sicherheit herzustellen. 
Wir unterlassen es, weiter auf die Chaudordyschen Klagen einzu- 
gehen. Die Kabinette Europas kennen die humane Gesinnung, die 
die deutsche Kriegführung beseelt, und man wird die Behauptungen 
des französischen Anklägers ohne viele Mühe auf ihren wahren 
Wert zurückzuführen wissen. Im übrigen ist der Krieg eben der 
Krieg. Sammethandschuhe spielen da keine Rolle, und die eisernen 
Handschuhe, mit denen wir zugreifen müssen, würden vielleicht sel- 
tener angewandt werden, wenn die Regierung der nationalen Ver- 
teidigung in ihrer Leidenschaft nicht den Volkskrieg verkündigt hätte, 
der immer zu größern Härten führt als der Kampf zwischen regel- 
mäßigen Armeen. 
Am Nachmittag wurde wieder einmal den prächtigen Bronze- 
göttern hinterm Schlosse und den moosüberwucherten weißen Mar- 
morbildern am Hauptwege des Parks ein Besuch gemacht. 
Bei Tische fehlten außer Bohlen, der noch immer krank war, 
auch Hatzfeldt, der unwohl geworden, und Keudell, der beim Könige 
zur Tafel befohlen war. Als Gäste waren bei uns diesmal Graf 
Holnstein und Fürst Putbus geladen. Die Unterhaltung bewegte 
sich zuerst um den bayrischen Vertrag, und Holnstein erwartete, 
daß er die Zustimmung der zweiten Kammer (in München) finden 
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