Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

574 Fünfzehntes Kapitel 24. Dezember 
große Schlucke haltend, sind Geschenke der Gräfin für ihren Ge— 
mahl. Dieser läßt sie zur Ansicht herumgehen und bemerkt dazu: 
„Ich bin so ein Bechernarr, obwohl es eigentlich keinen Zweck hat. 
Denn wenn ich sie auf dem Lande habe und nicht da bin, so stehlen 
sie mir sie zuletzt, und in der Stadt kümmere ich mich nicht darum.“ 
Dann äußerte er zu Beckedorff, er wäre doch eigentlich lang— 
sam avanciert, und fuhr darauf fort: „Wenn ich Offizier geworden 
wäre — ich wollte, ich wäre es —, so hätte ich jetzt eine Armee, 
und da stünden wir nicht vor Paris.“ Er begründete dann seine 
Ansicht, daß es ein Fehler gewesen sei, sich mit der Einschließung 
von Paris aufzuhalten. 
Daran aber knüpfte er die weitere Ausstellung an den Ope— 
rationen der letzten Wochen, daß man mit den Armeen so weit nach 
Norden und Südwesten gezogen sei und sich noch weiter zu gehen 
anschicke. „Wenn sie nun von Rouen und Tours zurück müssen — sagte 
er —, so sind das in den Augen der Franzosen lauter Niederlagen. 
Es ist unpraktisch, daß sie überall hingehn, wo sich wieder ein 
Haufen angesammelt hat. Man sollte innerhalb einer gewissen 
Grenze bleiben.“ — „Sie antworten mir freilich, dann würden sich 
die Franzosen weiter hinaus organisieren. Das werden sie aber 
auch thun, wenn wir weiter marschieren, und so müßten wir zuletzt 
bis an die Pyrenäen und das Mittelmeer nachrücken.“1 — „Ich 
dachte schon, als wir noch in Mainz waren, das Beste wäre, wir 
nähmen weg, was wir behalten wollten, und besetzten noch etwa 
fünf Departements als Pfand für die Kriegskosten und ließen sie 
dann den Versuch machen, uns aus unfsrer Stellung zu ver- 
treiben.“ — Beckedorff meinte, jetzt wäre wohl das Beste, daß 
man bei einem etwa für gut befundnen Rückzuge soviel Geld mit- 
nähme, als irgend zu bekommen wäre, und die Städte verbrennte; 
auch Paris müßte niedergebrannt werden. 
An dieses Thema knüpften sich weitere Besprechungen der 
Kriegführung, wobei der Chef meinte: „Es ist mitunter nicht so 
sehr die Führung, die die Schlachten bei uns beginnt und lenkt, 
  
1 Ahnliche Gedanken äußert Roon III4, 207 f. in einem Briefe vom 
25. Dezember an Blanckenburg mit dem Zusatze: „Bismarck ist mit diesen Zu- 
kunftsansichten vollkommen einverstanden.“
	        
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